Robert Klatt
Männliche Forscher berichten in Fachartikeln über eigene Studienergebnisse deutlich positiver als weibliche Wissenschaftler. Der Sprachgebrauch führt zu häufigeren Zitaten ihrer Arbeiten, was zu mehr Aufmerksamkeit und besseren Karrierechancen führt.
Mannheim (Deutschland). Artikel in wissenschaftlichen Fachmagazinen sollen vor allem fachlich korrekt neue Erkenntnisse aus der Forschung verbreiten. Neben dem Peer-Review-Prozess, der sachliche Fehler und Ungenauigkeiten vor der Veröffentlichung aufdecken soll, sind einige Magazine aus diesem Grund dazu übergegangen statt der vollen Namen der Autoren nur noch deren Initialen anzugeben. Es soll so eine Beeinflussung der Leser durch eventuelle Vorurteile gegenüber Geschlechtern oder Nationalitäten verhindert werden.
Wie Wissenschaftler der Universität Mannheim herausgefunden haben, existiert trotzdem auch bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen ein Gender-Effekt. Laut der im British Medical Journal publizierten Studie wurde dies anhand von mehr als sechs Millionen Fachartikeln aus den Bereichen Medizin und Biowissenschaften nachgewiesen. Die Wissenschaftler nutzen dazu ein Analyseprogramm, mit dem verglichen wurde, ob es Unterschiede zwischen der von weiblichen und männlichen Erst- und Seniorautoren genutzten Sprache gibt.
Wie Studienleiter Marc Lerchenmüller erklärt, war das Ziel der Forscher zu untersuchen, ob positives Framing in den Artikeln vorkommt. Es handelt sich dabei um sprachliche Ausdrücke wie „erstmalig“, „einzigartig“ oder „vielversprechend“, die eigentlich in neutral verfassten Studien kaum vorkommen sollten. Insgesamt untersuchte das Analyseprogramm die Fachartikel auf 25 dieser Begriffe, um so herauszufinden, ob es Geschlechterunterschiede in der Verwendung gibt.
Die Auswertung zeigt, dass männlichen Studienautoren im Durchschnitt 13 Prozent häufiger Ausdrücke des positiven Framings nutzen. Bei besonders renommierten wissenschaftlichen Journal kamen Männer sogar auf 21 Prozent mehr positiv wertende Adjektive in ihren Artikeln. Lerchenmüller konstatiert, dass „die Studie klare Belege dafür liefert, dass Männer in Medizin und Lebenswissenschaften ihre Forschung positiver präsentieren als es Frauen tun.“ Laut ihm „könnten diese Unterschiede in der Selbstvermarktung mit dazu beitragen, dass Frauen in der akademischen Medizin und in der Wissenschaft allgemein noch immer unterrepräsentiert sind.“
Die Auswertung der Fachartikel zeigt außerdem, dass Männer ihre eigene Arbeit nicht nur häufiger loben, sondern auch, dass daraus Karrierevorteile entstehen. Dies liegt daran, dass Fachartikel mit positivem Framing im Durchschnitt 13 Prozent häufiger von anderen Autoren zitiert werden. Die überwiegend männlichen Verfasser erhalten so mehr Aufmerksamkeit und können ihr Renommee ausbauen. Wie Lerchenmüller erklärt, „deutet dies darauf hin, dass die beobachteten Geschlechterunterschiede beim positiven Framing durchaus wichtige Konsequenzen hat.“
Genau wie bei Karrieren in der freien Wirtschaft, bringt eine offensive Selbstvermarktung also auch in der Wissenschaft und Forschung Vorteile, die häufiger von Männern genutzt werden. Laut den Studienautoren sind dafür gesellschaftliche Normen verantwortlich die ein Verhalten, das die eigene Leistung lobt, bei Männern akzeptabel macht, während Frauen eher zurückhaltend erzogen werden,
British Medical Journal, doi: 10.1136/bmj.l6573