Robert Klatt
In Deutschland kommt es immer öfter zu Aggressionen im Straßenverkehr, etwa zu dichtem Auffahren und Lichthupen. Als Gegenmaßnahmen fordern viele Menschen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen und eine Null-Promille-Regelung.
Berlin (Deutschland). Eine Umfrage des Umfrage des Instituts O.trend im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer (UDV) zeigt, dass das Verhalten der Verkehrsteilnehmer zunehmend rücksichtsloser und aggressiver wird. Ermittelt wurde dies anhand von 16 Fragen, die eine repräsentative Gruppe von Verkehrsteilnehmern beantwortet hat. Laut Siegfried Brockmann, dem Chef der UDV, sind die Ergebnisse Anlass zur Sorge.
„Aus Ärger oder zum eigenen Vorteil die Verletzung oder gar den Tod Anderer in Kauf zu nehmen, ist vollkommen inakzeptabel. Alle Verantwortlichen müssen jetzt im Lichte der Ergebnisse beraten, wie sich die Situation verbessern lässt.“
Etwa die Hälfte der Umfrageteilnehmer gab an, dass sie zumindest manchmal direkt abreagieren müssen, wenn sie sich im Straßenverkehr ärgern. 2016 war dieser Anteil noch bei etwa einem Viertel. Zudem gaben 20 Prozent Autofahrer an, dass sie gelegentlich durch Aufblenden anderer Verkehrsteilnehmer zum Spurwechsel veranlassen. Im Jahr 2016 war dieser Prozentsatz ebenfalls nur halb so groß. Des Weiteren beschleunigen 31 Prozent der Befragten gelegentlich, wenn sie überholt werden, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu früheren Werten.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass obwohl viele Verkehrsteilnehmende Aggressivität als ernstes Problem erkennen, ihnen oft nicht bewusst ist, dass sie selbst dazu beitragen können. Diese Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung zeigt sich deutlich wie bereits in früheren Jahren.
So geben 96 Prozent der Autofahrerinnen und Autofahrer an, Radfahrende mit genügend Abstand zu überholen, während sie gleichzeitig bei 93 Prozent der anderen Autofahrenden beobachten, dass diese Radfahrende zu knapp überholen. Ähnlich verhält es sich bei den Radfahrenden: Fast die Hälfte räumt ein, manchmal auf den Gehweg auszuweichen, bemerkt jedoch, dass 92 Prozent der anderen Radfahrenden dieses Verhalten zeigen.
Hinsichtlich moderner Gefahrenquellen, wie dem Konsum von Cannabis oder dem Lesen und Schreiben von Nachrichten während der Fahrt zeichnet sich wenig Aussicht auf Verbesserung ab. Eine Studie des Allianz-Zentrums für Technik in München zeigte kürzlich, dass das Unfallrisiko durch den Einsatz moderner Kommunikations- und Unterhaltungstechnologien am Steuer signifikant zunimmt. Daten des Insurance Institute for Highway Safety (IIHS) belegen zudem, dass eine Cannabislegalisierung zu mehr Verkehrsunfällen und -todesfällen führt.
Obwohl die aktuellen Zahlen in diesen Bereichen noch relativ positiv sind, offenbart sich in der jüngeren Generation ein besorgniserregender Trend: Ihr Verhalten in Bezug auf diese Risiken ist ungünstiger und das Bewusstsein für die Problematik deutlich geringer.
Zusätzliche Erkenntnisse der Studie zeigen, dass die Mehrheit der Verkehrsteilnehmenden sich im Straßenverkehr in Deutschland sicher oder sehr sicher fühlt. Dieser Anteil ist von 55 Prozent im Jahr 2019 leicht auf 56 Prozent gestiegen. Generell empfinden Männer (64 %) eine höhere Sicherheit als Frauen (49 %).
Dementsprechend befürworten Frauen auch häufiger strengere Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Bei den präferierten Maßnahmen steht eine Null-Promille-Regelung mit 68 Prozent an erster Stelle. Die Zustimmung zur Einführung eines Tempolimits von 130 km/h auf Autobahnen liegt bei 53 Prozent.