Robert Klatt
In den U.S.A. gab es während der Lockdowns deutlich mehr Waffengewalt. Laut einer Studie sind dafür Maßnahmen wie das Social Distancing verantwortlich, die bei vielen Menschen zu mehr Stress führen.
Pennsylvania (U.S.A.). Laut einer Studie der Pennsylvania State University hat im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie die Waffengewalt in den U.S.A. deutlich zugenommen. Erste Hinweise auf diese Entwicklung lieferten bereits die Waffenverkäufe. Von März 2020 bis Juni 2020 wurden vom FBI 13,7 Anträge zum Waffenkauf geprüft. Dies sind 42 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Dass die höheren Waffenverkäufe auch tatsächlich zu mehr Gewalttaten führen, verdeutlichen unter anderem Daten der Stadt Philadelphia. Dort kam es um März 2020 zu 141 Schießereien, dem höchsten Wert seit fünf Jahren. In den Sommermonaten nahm die Anzahl der Delikte weiter zu. Die Vorjahre wurden dabei um mehr als 45 Prozent übertroffen.
Wie das Gun Violence Archive (GVA), das von einer regierungsunabhängigen Organisation auf Basis von Polizeistatistiken erstellt wird, zeigt, handelt es sich bei der Entwicklung in Philadelphia nicht um einen Einzelfall. Von März 2020 bis Ende März 2021 verzeichnet das GVA 51.063 Gewalttaten. In den 13 Monaten davor waren es „nur“ 38.919 Gewalttaten. Dies entspricht einer Zunahme vom 31 Prozent. Die Todesfälle nahmen von 16.687 auf 21.504 um 29 Prozent zu und die Verletzten von 32.348 auf 43.288 um 34 Prozent.
In besonders stark von Waffengewalt betroffenen Bundesstaaten wie New York, Michigan und Minnesota kam es in diesem Zeitraum sogar zu einer Verdoppelung der Fälle. Lediglich in Alaska nahm die Zahl der Gewalttaten während der Covid-19-Pandemie ab.
Lockdown verantwortlich für Waffengewalt?
Laut einer Publikation im Fachmagazin Scientific Reports sehen Wissenschaftler um Paddy Ssentongo vom Penn State Center for Neural Engineering den Lockdown und die übrigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie als Ursachen für die Zunahme der Gewalt. Das Team ist deshalb der Ansicht, dass auch bei Maßnahmen, die entscheidend für die Eindämmung der Covid-19-Pandemie sind, unbeabsichtigte wirtschaftliche und soziale Stressoren berücksichtigt werden müssen.
Eine Reihe weitere Studien, darunter auch eine Studie der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, kamen zu dem Ergebnis, dass es während der Lockdowns zu deutlich mehr Depressionen kommt. Es ist daher nicht überraschend, dass ein Großteil (53,9 %) der vom erfassten Todesfälle Suizide sind.
Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-021-98813-z