Robert Klatt
Verschwörungstheorien, etwa zum Klimawandel oder zu Impfungen, sind weitverbreitet. Nun wurde entdeckt, dass Menschen mit Schlafstörungen öfter an solche Inhalte glauben. Ein ähnlicher Zusammenhang besteht wohl auch bei Depressionen und anderen psychischen Krankheiten.
Nottingham (England). Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, misstrauen wissenschaftlichen Erkenntnissen, etwa zum Klimawandel oder dem Impfschutz. Außerdem glauben sie häufig, dass Eliten im Hintergrund viele politische, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Entscheidungen treffen und die Menschheit kontrollieren. Forscher der University of Nottingham haben nun eine Studie publiziert, die zeigt, dass Schlafstörungen die Anfälligkeit für Verschwörungstheorien erhöhen.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Journal of Health Psychology haben für die Studie 540 Probanden einen standardisierten Fragebogen zu ihrer Schlafqualität abgegeben und anschließend einen Artikel über den Brand der Kathedrale Notre-Dame de Paris gelesen. Die Hälfte der Probanden enthielt eine korrekte Information, laut der der Brand durch einen Unfall ausgelöst wurde und die andere Hälfte Informationen darüber, dass das Feuer durch eine Brandstiftung verursacht wurde, die bewusst vertuscht wurde. Anschließend haben die Probanden aus der zweiten Gruppe noch den Artikel mit den korrekten Informationen erhalten.
Die Wissenschaftler haben daraufhin die Probanden zu den jeweiligen Artikeln befragt. Laut den Ergebnissen glauben Menschen mit einer schlechten Schlafqualität oder einer kurzen Schlafdauer deutlich öfter der Verschwörungstheorien. Dies könnte daran liegen, dass Menschen ohne ausreichend guten Schlaf Informationen schlechter analysieren und bewerten können und daran, dass sie mehr Zeit dafür haben, sich mit Verschwörungstheorien auseinanderzusetzen.
„Die Auseinandersetzung mit Verschwörungstheorien führt zu einem stärkeren Glauben an Verschwörungen und eine schlechtere Schlafqualität verstärkt diesen Effekt.“
Die Forscher haben eine weitere Studie mit 575 Probanden durchgeführt, um zu untersuchen, wieso Menschen an Verschwörungstheorien glauben. Die Teilnehmer haben dazu einen detaillierten psychologischen Fragebogen beantwortet, der unter anderem Fragen zum Schlafrhythmus, mentalen Problemen und unterschiedlichen Verschwörungstheorien enthält. Sie konnten so ermitteln, welche psychologischen Mechanismen den Glauben an Verschwörungstheorien und die schlechte Schlafqualität verknüpfen.
Die Studie bestätigt ebenfalls, dass Menschen mit Schlafstörungen öfter an Verschwörungstheorien glauben. Menschen mit schlechtem Schlaf zweifeln demnach öfter die Richtigkeit von Informationen an und sind häufiger von spezifischen Fehlinformationen überzeugt. Der Fragebogen zeigt zudem, dass sie öfter an Depressionen leiden.
Laut den Ergebnissen des Fragebogens sind zudem Wut, Angst und Paranoia bei Menschen mit Schlafstörungen häufiger. Die Anfälligkeit für Verschwörungstheorien nimmt aber nur durch Wut und Paranoia zu. Diese Emotionen erhöhen jedoch nicht das allgemeine Verschwörungsdenken, das bei Menschen mit Depressionen öfter auftritt, sondern nur den Glauben an spezifische Verschwörungstheorien.
Die Forscher erklären, dass Menschen mit starker Wut und Paranoia Verschwörungstheorien als mögliche Erklärung für gefährliche Situationen nutzen könnten. Verschwörungstheorien könnten ihnen demnach dabei helfen, sich zu beruhigen.
„Schlaf ist entscheidend für die psychische Gesundheit und die kognitiven Funktionen. Es hat sich gezeigt, dass schlechter Schlaf das Risiko für Depressionen, Wutzustände und Paranoia erhöht – Faktoren, die zu Verschwörungsglauben beitragen.“
Zusammenfassend erklären die Forscher, dass eine schlechte Schlafqualität die mentale Gesundheit stören kann und den Menschen damit anfälliger für Verschwörungstheorien macht.
„Unsere Forschung deutet darauf hin, dass die Verbesserung der Schlafqualität vor einer Ausbreitung von Verschwörungsdenken schützen könnte.“
Journal of Health Psychology, doi: 10.1177/13591053251320598