Robert Klatt
Eine neue Behandlungsmethode kann chronische Albträume nahezu vollständig verhindern. Zudem könnte das Verfahren auch gegen Posttraumatische Belastungsstörungen helfen.
Genf (Schweiz). Weltweit leiden etwa vier Prozent der Erwachsenen unter chronischen Albträumen. Diese werden meistens mit der Imagery Rehearsal Therapy (IRT) behandelt, bei der sich Betroffene im Wachzustand regelmäßig einen positiven Ausgang ihrer Albträume vorstellen. Bei rund zwei Drittel der Betroffenen sorgt diese Methode zuverlässig dafür, dass auch die realen Albträume ein positives Ende nehmen.
Wissenschaftler der Universität Genf haben nun im Fachmagazin Current Biology die sogenannte Targeted Memory Reactivation (TMR) vorgestellt, die auf der IRT aufbaut und diese verstärkt. Laut dem Team um Sophie Schwartz und Lampros Perogamvros ermöglicht es die TMR, Patienten auf eine positive Stimmung zu konditionieren.
Erprobt wurde die neue Behandlungsmethode mit 36 Probanden im Alter zwischen 20 und 35 Jahren, bei denen regelmäßig Albträume auftraten. Die jungen Erwachsenen wurden zufällig in eine Kontroll- und eine Experimentalgruppe aufgeteilt. Beide Gruppen durchliefen die herkömmliche IRT, bei der sie regelmäßig mental ein positives Ende für ihre Albträume durchliefen.
Der Experimentalgruppe spielten die Forscher dabei zusätzlich fünf Minuten lang alle zehn Sekunden einen Klavierakkord vor. Bei der Kontrollgruppe wurden während der IRT keine Klavierakkorde abgespielt.
Während die Probanden schliefen, trugen sie Stirnbänder mit Hirnwellensensoren. Diese beobachteten die Schlafstadien in Echtzeit. Wenn die Probanden sich in einer REM-Phase, in der Träume typischerweise auftreten, befanden, wurden sowohl bei der Kontroll- als auch der Experimentalgruppe die Klavierakkorde abgespielt. Während der zweiwöchigen Versuchsphase dokumentieren die Probanden ihre Träume in einem speziellen Traumtagebuch.
Laut den so gewonnenen Daten sank bei der Kontrollgruppe die Häufigkeit der Albträume pro Woche von 3 auf 1. Bei der Experimentalgruppe reduziert sich die Häufigkeit der Albträume pro Woche von 3 auf 0,2. In den drei Folgemonaten stieg die Häufigkeit der Albträume in der Experimentalgruppe auf 0,3 und in der Kontrollgruppe auf 1,5. Zudem berichteten die Probanden, dass ihre Träume generell positiver waren.
Bevor die TMR von Ärzten verwendet werden kann, müssen die positiven Ergebnisse noch durch größere Studien belegt werden. Gegenüber Science News bezeichnet Gina Poe, Neurowissenschaftlerin an der University of California in Los Angeles, die an der Studie nicht beteiligt war, die Ergebnisse als sehr ermutigend.
„Die Tatsache, dass sie die Häufigkeit dieser Albträume tatsächlich deutlich verringern könnten, ist enorm.“
Poe hält es zudem für denkbar, dass das Verfahren auch bei Posttraumatische Belastungsstörungen helfen kann.
Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2022.09.032