Robert Klatt
Optimisten werden bis zu 70 Prozent öfter 85. Jahre alt als Pessimisten. Vermutlich sorgt der Umgang mit Stress für einen besseren Gesundheitszustand und verlängert so das Leben.
Boston (U.S.A.). Wissenschaftler der Boston University School of Medicine haben herausgefunden, dass Menschen mit einer positiven Grundeinstellung im Durchschnitt älter werden als Pessimisten. Laut der im Fachmagazin PNAS veröffentlichten Studie erreichen Optimisten deutlich häufiger ihren 85. Geburtstag als eher negativ eingestellte Personen. Eine weitere Studie, die die Techniker Krankenkasse zusammen mit dem Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) 2010 erstellte zeigte bereits, dass Optimisten in Stresssituationen weniger anfällig für Erkältungen sind. Außerdem hat die University of Illinois 2015 im wissenschaftlichen Journal Health Behavior and Policy Review eine Studie publiziert, laut derer Optimisten weniger oft an Herzkreislaufproblemen leiden.
Wie Lewina Lee erklärt, hat „die bisherige Forschung zur Langlebigkeit sich vor allem auf biomedizinische Einflussgrößen konzentriert. Doch es zeichnet sich zunehmend ab, dass auch psychosoziale Faktoren wichtig sind.“ Welchen Einfluss eine optimistische Lebenseinstellung auf die Lebensdauer hat, haben die Wissenschaftler aus diesem Grund anhand von mehr als 70.000 Probanden untersucht.
Insgesamt haben die Wissenschaftler Daten von 71.173 Personen ausgewertet, die durch zwei Langzeitstudie erhoben wurden. Die größere Studie untersuchte 69.744 Frauen, die zu Beginn zwischen 58 und 86 Jahre alt waren, für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren. Die 1.429 Männer der zweiten Studie waren zu Beginn 41 bis 90 Jahre alt und wurden bis zu 30 Jahren durch die Forscher beobachtet.
Die Methodik beider Studien ähnelte sich. Am Anfang wurde mit einer Reihe psychologischer Tests untersucht ob die Probanden Optimisten oder Pessimisten sind. Außerdem wurden noch weitere Faktoren untersucht, die einen großen Einfluss auf den Alterungsprozess haben wie zum Beispiel der allgemeine Gesundheitszustand, die Ernährungsweise, der Konsum von Zigaretten, Alkohol und anderen Drogen sowie allgemeine Lebensgewohnheiten.
Im Verlauf der zehn beziehungsweise 30 Jahre dauernden Studien wurde dann festgehalten, welche Probanden in welchem Alter verstarben, um so zu untersuchen ob zwischen dem Lebensalter und den Grad der positiven oder negativen Lebenseinstellung ein Zusammenhang besteht. Es zeigte sich dabei, dass Optimisten im Mittel länger leben und öfters ein sehr hohes Alter erreichen.
Durchschnittlich wurden sowohl Männer als auch Frauen mit einer positiven Lebenseinstellung elf bis 15 Prozent älter als Personen, bei denen zu Beginn der Studie eine eher pessimistische Einstellung festgestellt wurde. Die Wahrscheinlichkeit mindestens 85 Jahre alt zu werden liegt bei Optimisten sogar um 50 bis 70 Prozent höher. Andere Einflussfaktoren wie chronische Erkrankungen wurden dabei bereits herausgerecht, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen.
Aus diesem Grund konstatieren die Wissenschaftler, dass „die Ergebnisse nahelegen, dass Optimismus als eine psychologische Ressource fungiert, die Langlebigkeit fördert.“ Welcher Zusammenhang genau dafür verantwortlich ist, dass Optimisten länger leben konnte durch die Studie allerdings noch nicht belegt werden. Als wahrscheinlichste Erklärung nennen die Autoren den besseren Umgang mit Stress, der laut einer Reihe unabhängiger Studien schädlich für die Gesundheit ist. Außerdem vermuten die Forscher, dass Optimisten auch in anderen Bereichen unbewusst gesünder Leben zum Beispiel dadurch, dass sie sich öfter bewegen und mehr Sport treiben.
Weitere Studien sollen nun zeigen, ob die Vermutungen der Wissenschaftler richtig sind, um daraus gegebenenfalls neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln. Laut den Forschern „könnte Optimismus beeinflussbar sein.“ Einfache Maßnahmen wie Verhaltenstherapien und Meditation, die laut einer anderen Studie den Alterungsprozess verlangsamen kann, könnten somit auch Pessimisten helfen besser mit Stress umzugehen und ihr Leben so zu verlängern.
PNAS, doi: 10.1073/pnas.1900712116