Robert Klatt
Menschen, die besonders laute Autos bevorzugen, haben oft ein problematisches psychologisches Profil, das zu Psychopathie und Sadismus neigt. Forscher empfehlen ihnen deshalb, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
London (Kanada). In Kanada sind nicht genehmigten Autotreffen auf leeren Parkplätzen und illegale Beschleunigungsrennen immer häufiger. Dabei verursachen die oft getunten Autos mit ihrem knallenden Auspuff, donnernden Motor und Reifenquietschen auf dem Asphalt Lärm, der viele Menschen in den Abend- und Nachtstunden stört, darunter auch Julie Aitken Schermer, Professorin für Psychologie und Management an der University of Western Ontario (UWO).
„Jeden Tag begegnen wir diesen lauten Autos, Pick-ups und Motorrädern mit Fehlzündungen, und ich erschrecke, mein Hund erschrickt, und die Tiere, die in den Bäumen sind, und Eichhörnchen auf dem Boden laufen davon. Ich dachte: 'Wer will solchen Lärm überhaupt machen?' Also begann ich als typische Akademikerin eine umfangreiche Recherche und fand nichts.“
Weil Schermer keine passenden Studien dazu finden konnte, welche Personen laute Autos bevorzugen, hat sie eine eigene Untersuchung durchgeführt. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Current Issues in Personality Psychology hat sie deshalb 529 Studenten der Wirtschaftswissenschaften der UWO dazu befragt, inwieweit sie laute Autos als „cool“ empfinden, ob sie ihr Auto als eine Erweiterung ihrer selbst betrachten und ob sie ihre Autos mit Auspuffmodifikationen lauter machen.
Die Probanden haben zudem den Short Dark Tetrad (SD4)-Persönlichkeitstest und einen weiteren Fragebogen, der eine Reihe bösartiger Persönlichkeitsmerkmale wie Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus (manipulatives Verhalten) untersucht, absolviert. Schermer erwartete von den Ergebnissen, dass diese eine starke Korrelation zwischen Personen, die ein auffälliges Auspuffsystem bevorzugen, und Narzissmus zeigen. Dies war bei den Probanden aber nicht der Fall.
„Wir fanden heraus, dass Sadismus und Psychopathie vorhersagen, wer seinen Auspuff modifizieren möchte, wer eine stärkere Bindung zu seinem Fahrzeug hat und wer laute Autos wirklich cool findet. Es scheint eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Gefühlen anderer Menschen und deren Reaktionen zu geben. Das ist die Psychopathie, die hier zum Vorschein kommt. Und wahrscheinlich genießen sie es auch, andere Menschen erschreckt zu sehen.“
Schermer ist der Ansicht, dass die Studienergebnisse zeigen, dass die Lärmbelästigung durch modifizierte Autos ernster genommen werden sollte. Sie plant derzeit eine Folgestudie, die weitere Faktoren untersucht.
„Das Persönlichkeitsprofil, das ich bei unseren lauten Auspufftöpfen gefunden habe, entspricht auch dem Persönlichkeitsprofil von Menschen, die illegal Brandstiftung begehen.“
Angesichts der entdeckten Charakterzüge empfiehlt die Wissenschaftlerin zudem, dass die betroffenen Menschen womöglich ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen sollten.
Current Issues in Personality Psychology, doi: 10.5114/cipp/162006