Dennis L.
Erklärvideos und E-Learning-Inhalte helfen Menschen, komplizierte Themen zu verstehen. Kein Wunder also, dass sie sich großer Beliebtheit erfreuen. Diese Kurzfilme helfen zudem Unternehmen, ihre Produkte, Dienstleistungen und Marken auf innovative Weise zu präsentieren. Eine Studie hat nun untersucht, was ein gutes Erklärvideo ausmacht und warum E-Learning so beliebt ist.
Iserlohn (Deutschland). Wie entlüftet man einen Heizkörper? Wie bearbeite ich Fotos? Wie funktioniert das Wahlsystem in den Vereinigten Staaten von Amerika und wie kauft man Bitcoin? Dank zahlreicher guter Erklärvideos auf YouTube und anderen Internetseiten wird alltägliches, aber auch kompliziertes Wissen einfach vermittelt. Kein Wunder also, dass Erklärvideos mit zu dem beliebtesten Video-Content im Internet gehören.
Die BiTS - Business and Information Technology School in Deutschland und die Simpleshow Company S.A. in Luxemburg führten eine Studie durch, um den Einsatz von Erklärvideos und deren Wirkung zu untersuchen. Insgesamt wurden dazu 1.000 Teilnehmer aus Deutschland und ebenso viele aus den Vereinigten Staaten online befragt. Im Mittelpunkt stand dabei die Bewertung verschiedener Videoformate durch die Teilnehmer.
Der erste Teil der Studie befasste sich mit den bisherigen Erfahrungen der Teilnehmer mit E-Learning im Allgemeinen und Erklärvideos im Besonderen. Der Kontakt mit E-Learning hat in der Bevölkerung deutlich zugenommen. In Deutschland ist dieser Anstieg sogar noch deutlicher als in den USA, während Senioren (60+) eher weniger mit E-Learning in Berührung kamen.
In dieser Umfrage wurde auch gefragt, welche Formen des digitalen Lernens genutzt werden. Auf Platz 1 liegt demnach eindeutig die Online-Enzyklopädie Wikipedia. An zweiter Stelle der Umfrage steht YouTube. Im Vergleich zu den Ergebnissen von 2015 ist vor allem die Nutzung von YouTube stark angestiegen. Interessant ist auch, wie viele Teilnehmer angaben, bereits Erfahrungen mit Erklärvideos gemacht zu haben. In Deutschland hatten rund 62,4 Prozent bereits Erfahrungen mit Erklärvideos gemacht, in den USA waren es nur 37,4 Prozent.
Rund 73 Prozent der deutschen Befragten gaben an, dass sie sich in Zukunft weiter Erklärvideos und E-Learning-Inhalte ansehen möchten. Dies ist ein starker Hinweis auf das zukünftige Potenzial solcher Videos in Deutschland. Die Studie zeigt zudem, dass der Hauptgrund für die vermutete zukünftige Nutzung die guten Erfahrungen sind, die die Nutzer mit Erklärvideos gemacht haben. Das wichtigste Ergebnis der Studie war jedoch, dass die Befragten, die noch nie Erklärvideos gesehen haben, die künftige Nutzung ebenfalls zu 60 Prozent ablehnten, während die Teilnehmer mit vorheriger Erfahrung mit überwältigender Mehrheit von 85 Prozent angaben, dass sie sich auch in Zukunft Erklärvideos und E-Learning-Inhalte ansehen werden.
Im zweiten Teil der Studie wurde die Wirkung verschiedener Erklärvideoformate untersucht. Die Studie fand im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen statt. In diesem Zusammenhang wurden den Teilnehmern Videos gezeigt, die das US-amerikanische Wahlsystem und die Hintergründe der Wahl erklärten. Alle Videos hatten also den gleichen Inhalt, aber unterschiedliche Formate. Die getesteten Formate waren:
Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: Deutsche Teilnehmer und US-Bürger. Anschließend wurde jedem Probanden ein zufällig ausgewähltes Video gezeigt, so dass innerhalb der beiden Probandengruppen fünf Referenzgruppen entstanden.
Um zu testen, welches Vorwissen die Teilnehmer bereits über die Präsidentschaftswahlen hatten, wurden ihnen im Vorfeld einige Fragen zum Wahlsystem gestellt. Nachdem die Probanden das Erklärvideo gesehen hatten, wurden die gleichen Fragen zum Wahlsystem erneut gestellt, um den Wissenszuwachs und den Lerneffekt zu testen.
Nach dem Ansehen der Videos wurden die Probanden gebeten, subjektive Aussagen über ihre emotionale Reaktion auf die Videos zu machen. Hier zeigten sich erhebliche Unterschiede: Am häufigsten wurde die Tonqualität sowie die Verständlichkeit des Sprechers bewertet. Wie sehr das Video den Betrachter emotional berührte, belegte Platz zwei. Dies zeigt mehr als deutlich, wie wichtig ein guter Sprecher für E-Learning und vergleichbare Inhalte bei der Videoproduktion ist.
Bei der allgemeinen Bewertung des Erklärvideos zeigte sich erstmal ein Unterschied zwischen den verschiedenen Formaten: Demnach schnitt das Whiteboard-Videoformat am besten ab während das Color-Format am schlechtesten bewertet wurde.
Ein Faktor, der unabhängig vom Format eine große Rolle bei der Bewertung spielte, war die Länge der Videos. Die besser bewerteten Videos zeichneten sich meist durch kürzere Laufzeiten im Vergleich zu den eher mittelmäßig bewerteten Videos aus. Bei der Hypothese "Die Länge des Videos war akzeptabel" schnitt das längste Video, nämlich das ursprüngliche Explainity-Video mit seinen 340 Sekunden, am schlechtesten ab, obwohl es in anderen Aspekten allgemein gute Bewertungen erhielt. Daraus können wir schließen, dass die Länge eines Erklärvideos durchaus einen signifikanten Einfluss auf seine Rezeption zu haben scheint. Dies wird durch frühere Studien bestätigt, in der mehr als die Hälfte aller Befragten aus beiden Gruppen angaben, dass sie Videos, die ihnen zu lang sind, abbrechen würden.
Interessant ist, dass eine längere Dauer nicht immer einen größeren Lerneffekt bedeutet. In unserem anschließenden Wissenstest erzielte das längste Video sogar den geringsten Lerneffekt.
Das ideale Erklärvideo sollte demnach eine kurze Laufzeit und qualitativ komprimierten Inhalt besitzen, um beim Betrachter den bestmöglichen Effekt zu erzielen. Dafür ist eine sorgfältige Produktion in den Bereichen Konzeption, Skript, Dreh oder Postproduktion und Sprecher ebenso wichtig wie didaktisch gut aufbereitete, qualitative Inhalte. Statistisch gesehen erzielen diese Inhalte den größten Lerneffekt beim Zuschauer, schreiben die Forscher Journal of Education and Learning.
„Gute Erklärvideos haben nicht nur die Macht, das Wissen der Verbraucher zu erhöhen, sondern auch das Interesse am Thema und das Aktivierungspotential deutlich zu steigern.“
Journal of Education and Learning; doi: 10.5539/jel.v6n1p254