Finanzanforderungsspiel zeigt:

Verschwörungstheorien beeinflussen auch Menschen, die sie nicht glauben

Robert Klatt

Frau, die an Verschwörungstheorien glaubt )kcotS ebodAtfarCaremaC(Foto: © 

Verschwörungstheorien sind seit einigen Jahren allgegenwärtig. Eine Studie zeigt nun, dass diese auch das Verhalten von Menschen beeinflussen, die nicht an sie glauben.

München (Deutschland). Eine Studie der der Friedrich-Ebert-Stiftung e. V. (FES) zeigt, dass in Deutschland AfD-Wähler öfter an Verschwörungstheorien glauben. Zu einem ähnlichen Ergebnissen kam auch eine Untersuchung der Universität Basel, laut der vor allem Menschen mit einem geringen Bildungsniveau Verschwörungstheorien zustimmen. Wie eine Studie der Emory University offenbart, sind Verschwörungstheoretiker aber nicht immer einfältig, sondern vor allem durch manipulative, egozentrische und paranoide Charaktereigenschaften geprägt.

Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (LFU) um Loukas Balafoutas haben anlässlich der Covid-19-Pandemie, die zu einer deutlichen Zunahme von Verschwörungstheorien und Menschen, die an diese glauben, geführt hat, untersucht, ob und wie Verschwörungstheorien das Handeln der Menschen beeinflussen.

Verschwörungstheorien beeinflussen Verhalten aller Menschen

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Economic and Political Studies haben Studien zuvor gezeigt, dass Verschwörungstheorien das Verhalten ihrer Anhänger stark beeinflussen. Dies äußert sich etwa in einer reduzierten Wahlbeteiligung. Die nun publizierten Ergebnisse zeigen überdies, dass Verschwörungstheorien auch Menschen beeinflussen, wenn diese nicht an sie glauben, aber regelmäßig mit ihnen konfrontiert werden.

„Unsere Studie zeigt, dass Probanden, die nur drei Minuten lang einer Verschwörungstheorie ausgesetzt waren, in einem nachfolgenden Verhaltensexperiment anders handelten als Probanden aus der Kontrollgruppe.“

Experiment untersucht Effekte von Verschwörungstheorien

Die Studie basiert auf einem Experiment, das im Wirtschaftslabor der Universität Innsbruck vor der Ccovid-19-Pandemie durchgeführt wurde. Eine Hälfte der 144 Probanden sah einen dreiminütigen Film an, der die Mondlandung von 1969 als Schwindel darstellte. Die Kontrollgruppe sah einen Film über ein Weltraumfährenprogramm. Anschließend absolvierten die Studienteilnehmer ein Finanzanforderungsspiel.

In diesem Spiel wurden die Spieler in Paare aufgeteilt und aufgefordert, gleichzeitig einen Geldbetrag zwischen 5 und 14 Euro zu bieten. Derjenige, der das niedrigere Angebot abgab, erhielt zusätzlich zu seinem Gebot 10 Euro, derjenige, der das höhere Gebot abgab, erhielt nur den Betrag seines Gebots. Bei einem Gleichstand erhielten beide Teilnehmer genau ihren Gebotsbetrag. Das optimale Vorgehen in diesem Spiel wäre, wenn der andere Spieler mehr als 5 Euro bietet, einen Euro weniger zu bieten. Sollte der andere Spieler jedoch 5 Euro bieten, wäre das optimale Gebot 14 Euro.

„In diesem Experiment stellten wir fest, dass die Probanden, die zuvor das Verschwörungstheorie-Video gesehen hatten, geringere Beträge geboten haben. Dies zeigt, dass diese Testpersonen strategischer handeln. Einerseits kann dies möglicherweise zu einem höheren Gewinn im Spiel führen, aber gleichzeitig birgt dieser Ansatz auch das Risiko eines Verlusts. Unser Ziel hier ist also nicht, dieses Verhalten als besser oder schlechter zu bewerten, sondern lediglich zu zeigen, dass Menschen, die kurz zuvor einer Verschwörungstheorie ausgesetzt waren, in einer anschließenden, inhaltlich völlig unterschiedlichen Situation ein anderes Verhalten als die Kontrollgruppe aufweisen. Daraus schließen wir, dass die Verschwörungstheorie einen Einfluss darauf hat, wie jemand die Welt und andere Menschen wahrnimmt.“

Vertrauensspiel untersucht Verhalten der Probanden

In einem weiteren Experiment, dem sogenannten Vertrauensspiel, das in der Ökonomie häufig verwendet wird, untersuchten die Forscher, inwiefern die Konfrontation mit einer Verschwörungstheorie das Vertrauen in andere beeinträchtigt. Hierbei wurden die Spieler erneut in Paare eingeteilt. Jeder Spieler erhielt 5 Euro. Der erste Spieler hatte die Möglichkeit, einen Teil oder die gesamte Summe zu investieren. Der investierte Betrag wurde verdreifacht und an den zweiten Spieler weitergegeben, der dann einen Teil des Geldes an Spieler A zurückgeben konnte. Eine Pflicht war dies aber nicht. Ein höherer Investitionsbetrag von Spieler A in diesem Spiel deutet auf ein größeres Vertrauen hin.

„Es ist eine durchaus positive Nachricht, dass wir hier keinen negativen Einfluss der Verschwörungstheorie feststellen konnten. Das Vertrauen in die andere Person war statistisch in beiden Gruppen gleich. Das ist wichtig, denn in unserer Gesellschaft benötigen wir ein gewisses Maß an Vertrauen, damit sie überhaupt funktionieren kann.“

Economic and Political Studies, doi: 10.1080/20954816.2020.1818930

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