Robert Klatt
Personen, die an Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie glauben, haben oft eine politisch extreme Haltung und ein geringes Bildungsniveau.
Basel (Schweiz). Wissenschaftler der Universität Basel haben anhand einer anonymisierten Online-Umfrage untersucht, welche Zustimmungsraten Coronavirus-Verschwörungstheorien in Deutschland und der deutschsprachigen Schweiz erhalten und welcher Zusammenhang mit Denkverzerrungen besteht. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Psychological Medicine nahmen an der Studie 1.600 Probanden teil.
Diese bewerteten anhand einer Skala ihre Zustimmung zu 49 Verschwörungstheorien, die im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie stehen. Zu den abgefragten Theorien gehörten Aussagen wie „Antikörpertests sind ein Komplott, um unsere DNA zu sammeln“, „Der tatsächliche Grund für den Lockdown liegt darin, eine Massenüberwachung durchzusetzen“ und „Das Coronavirus ist eine Biowaffe, die von China entwickelt wurde, um den Westen zu zerstören“.
Laut der Auswertung der Umfrage stimmen zehn Prozent der Befragten zumindest einer Verschwörungstheorie voll zu. 20 Prozent der Umfrageteilnehmer stimmen zumindest einer Verschwörungstheorie mäßig zu und nur 70 Prozent gaben an, keiner der Verschwörungstheorien zuzustimmen.
Die Wissenschaftler ermittelten außerdem die psychologische Befindlichkeit der Probanden sowie deren politische Einstellungen, Alter und Geschlecht. Die Analyse dieser Daten zeigt, dass Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, im Mittel jünger und gestresster waren und ebenfalls über Paranoia-ähnliche Erfahrungen berichteten. Außerdem haben sie im Durchschnitt nur ein geringes Bildungsniveau und eine politisch extremere Haltung. Sie teilen damit ähnliche psychologische Merkmale, die kürzlich eine Studie der University of Cambridge bei extremistischen Menschen festgestellt hat.
Außerdem konnten die Wissenschaftler Unterschiede in den Denkprozessen bei Menschen, die an Verschwörungstheorie glauben, feststellen. Diese treffen Schlussfolgerungen auch unter großer Unsicherheit vorschnell. Informationen, die die Verschwörungstheorie widerlegen, werden hingegen nicht beachtet.
Trotzdem warnen die Forscher vor einer Pauschalisierung. Unter den Anhängern von Verschwörungstheorien gibt es nämlich auch eine Teilgruppe, deren Denkverzerrungen kleiner ausfallen als bei Menschen, die keiner Verschwörungstheorie zustimmen. „Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass nicht jede Person, die einer Verschwörungstheorie zustimmt, automatisch auf ungünstige Art und Weise Informationen verarbeitet und dementsprechend entscheidet“, erklärt Sarah Kuhn.
Die Ergebnisse widersprechen somit den bisherigen Annahmen der Psychologie laut denen fast immer Menschen mit Eigenschaften wie vorschnellem Schlussfolgern und einer geringen kognitiven Leistungsfähigkeit an Verschwörungstheorien glauben.
Psychological Medicine, doi: 10.1017/S0033291721001124