Robert Klatt
Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen sind weniger anfällig für Bestechlichkeit. Die neuen Ergebnisse sollen dabei helfen, Korruption in der Politik und Wirtschaft präventiv zu verhindern.
Shanghai (China). Bestechlichkeit ist die wohl häufigste Form der Korruption. Forscher der Pädagogischen Universität Ostchina (ECNU) haben deshalb untersucht, ob bestimmte Persönlichkeitsmerkmale eines Menschen ihn anfälliger für Bestechlichkeit machen können. Laut der Publikation im Fachmagazin Social Psychological and Personality Science akzeptieren Menschen, die zu starken Schuldgefühlen neigen, deutlich seltener Bestechungsgelder als der Durchschnitt. Wenn die Korruption anderen Menschen offensichtlich schaden würde, nimmt die Akzeptanz von Bestechungsgeldern bei ihnen besonders stark ab. Laut den Wissenschaftlern können die Ergebnisse dabei helfen, die Prävention von Korruption zu verbessern.
„Unsere Ergebnisse haben wichtige Implikationen für aktuelle weltpolitische Ereignisse, insbesondere in den Bereichen Politik und Regierungsführung, in denen Korruption und Bestechung große Herausforderungen darstellen. Insbesondere unterstreichen unsere Ergebnisse, wie wichtig es ist, die Neigung zu Schuldgefühlen bei der Personalauswahl zu bewerten – vor allem, wenn es darum geht, eine Führungskraft für eine Gruppe auszuwählen.“
Die Studie basiert auf zwei Experimenten mit insgesamt 2.082 Teilnehmern, die Persönlichkeitstests mit ökonomischen Spielen verknüpft haben. Im ersten Experiment haben die Teilnehmer eine fiktive Uniprüfung nicht bestanden. Sie erhielten daraufhin die Möglichkeit, ihre Note zu verbessern, ohne dass der Begriff Bestechung genannt wurde. Im zweiten Experiment konnten die Probanden 100 Wertmarken nutzen und diese entweder eine gemeinnützige Organisation spenden oder die Wertmarken behalten.
Die Analyse der Persönlichkeitstest und der Entscheidungen in den Experimenten offenbart, dass Menschen, die Schuldgefühle empfinden, weniger empfänglich für Bestechlichkeit sind und dass sie Sorge um andere Personen die Bereitschaft, eine Bestechung anzunehmen, reduziert.
Laut den Studienergebnissen scheinen somit Personen, die starke Schuldgefühle und ein starkes Mitgefühl mit anderen Menschen besitzen, weniger anfällig für Bestechlichkeit zu sein. Die Wissenschaftler erklären jedoch, dass die Studie lediglich eine Korrelation und keine Kausalität beweist.
„Es wäre interessant, alternative psychologische Mechanismen zu untersuchen – wie Verantwortungsbewusstsein, Gehorsam oder Konformität – die möglicherweise neben der Sorge um das Leid anderer den Zusammenhang zwischen Schuldneigung und Bestechung erklären könnten.“
Die Wissenschaftler hoffen, dass die neuen Erkenntnisse dabei helfen, Strategien und politischen Maßnahmen gegen Korruption zu entwickeln, um das ethisches Verhalten in der Politik und Wirtschaft zu verbessern.
Social Psychological and Personality Science, doi: 10.1177/19485506231168515