Robert Klatt
Menschen, die ungesund leben, verhalten sich auch im Straßenverkehr riskanter. Autofahrer, die häufig Energy-Drinks konsumieren, überschreiten etwa das Geschwindigkeitslimit deutlich häufiger.
Tartu (Estland). Laut einer Studie von Tönis Tokko gibt es einen Zusammenhang zwischen einer Reihe ungesunder Lebensgewohnheiten und einem riskanten Verhalten im Straßenverkehr. Als Datenbasis der Studie dienten dem Doktoranden an der University of Tartu 817 Autofahrer (49,2 % Männer, 50,8 % Frauen), die seit 2001 befragt wurden.
Die Probanden der Langzeitstudie füllten Fragebögen zu ihren Lebens- und Ernährungsgewohnheiten aus. Zusätzlich bestimmten die Wissenschaftler weitere Faktoren wie Impulsivität und Aggressivität. Außerdem wurden eine Genanalyse und eine Reihe von Bluttests bei den Teilnehmern der Studie durchgeführt. Die gewonnenen Daten verknüpften die Wissenschaftler mit Polizei- und Versicherungsdatenbanken.
„Wir haben dabei festgestellt, dass es signifikante Zusammenhänge zwischen riskantem Verkehrsverhalten und einer Reihe von Lebensgewohnheiten gibt, wie z. B. anstrengende sportliche Betätigung, Alkoholkonsum oder Konsum von Junkfood und Energy-Drinks“, erklärt Tokko. Konkret zeigt sich dies unter anderem darin, dass Menschen, die mindestens einmal pro Woche Energy-Drinks konsumieren, doppelt so das Geschwindigkeitslimit überschreiten wie Menschen, die seltener Energy-Drinks trinken.
Bei der Genanalyse entdeckten die Wissenschaftler außerdem, dass ein Gen, das den Serotonin-Transport beeinflusst, auch in Verbindung mit einem riskanten Verhalten im Verkehr steht. Es handelt sich bei Serotonin um einen Neurotransmitter, der sehr wahrscheinlich auch bei Depressionen eine entscheidende Rolle spielt. Dies zeigt laut den Wissenschaftlern, dass die Risikobereitschaft des Menschen nicht nur durch dessen Psychologie, sondern auch durch biologische Faktoren beeinflusst wird.
Wie Dr. Oliver Grimm, leitender Psychiater am Universitätsklinikum Frankfurt erklärt, ist ein Zusammenhang zwischen häufigeren Verkehrsunfällen und ADHS in der Wissenschaft bereits aus einer Reihe von Studien bekannt. „Diese spezielle Studie aus Estland hilft nun, besser zu verstehen, wie sich diese unfallgefährdete Gruppe sowohl aus dem genetischen Risiko als auch aus Persönlichkeitsmerkmalen zusammensetzt“, kommentiert der leitende Psychiater am Universitätsklinikum Frankfurt die Ergebnisse.