Robert Klatt
Eine Kombination aus Charaktereigenschaften und der persönlichen Motivation sorgt dafür, dass Menschen anfällig für Verschwörungstheorien sind. Einfältig oder geistig verwirrt sind Verschwörungstheoretiker laut der Studien aber nicht.
Atlanta (U.S.A.). Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung e. V. (FES) zeigte kürzlich, dass in Deutschland vor allem AfD-Wähler an Verschwörungstheorien glauben. Auch in den U.S.A. sind unterschiedliche Verschwörungstheorien weitverbreitet, darunter etwa die Behauptung, dass die US-Regierung am 11. September 2001 die Twin Towers in New York selbst zum Einsturz gebracht hat. Forscher der Emory University um Shauna Bowes haben nun untersucht, warum manche Menschen dazu tendieren, Verschwörungstheorien zu glauben.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Psychological Bulletin haben die Forscher für ihre Metaanalyse 170 Studien mit über 158.000 Probanden untersucht. Laut Bowes haben frühere Studien die Motivation und die Persönlichkeit von Personen, die an Verschwörungstheorien glauben, fast ausschließlich separat analysiert. Die Metaanalyse hatte daher das Ziel, die beiden Faktoren zusammen zu betrachten.
Die Studiendaten zeigen, dass bestimmte Charaktereigenschaften dafür sorgen, dass eine Person an Verschwörungstheorien glaubt. Verschwörungsgläubige sind demnach überdurchschnittlich oft manipulativ, egozentrisch, paranoid und zurückgezogen. Menschen, die zurückgezogen und eher offen und gewissenhaft sind, glauben hingegen nur selten an Verschwörungstheorien.
„Verschwörungstheoretiker sind nicht alle einfältig oder geistig verwirrt - ein Bild, das in der Popkultur häufig gezeichnet wird. Viele wenden sich Verschwörungstheorien zu, um unterdrückte Motivationen zu befriedigen und Not und Beeinträchtigung zu erklären.“
Überdies offenbart die Studie, dass Menschen, die sich sozial bedroht fühlen, überdurchschnittlich oft an Verschwörungstheorien glauben. Menschen, die Unsicherheiten in ihrem eigenen Leben verspüren, neigen eher dazu, an ereignisbezogene Verschwörungstheorien, wie die Theorie, dass die Terrorattacken des 11. September von der US-Regierung selbst orchestriert wurden, zu glauben.
Ein zusätzlicher Beweggrund ist das Verlangen, leicht verständliche Erklärungsansätze für eine immer komplexer werdende Welt zu finden. Sie möchten auch ein Gefühl der Überlegenheit gegenüber anderen erlangen. Solche Individuen sind besonders anfällig für allgemeine, abstrakte Verschwörungstheorien über die Funktionsprinzipien der Welt.
Laut Bowes sollen zukünftige Untersuchungen den Fokus verstärkt auf die Komplexität von konspirativem Denken legen. Sie betont, dass es erst durch die Analyse der Verbindungen zwischen Verschwörungstheorien, Motivation und individuellen Persönlichkeitseigenschaften möglich wird, das vollständige psychologische Bild dahinter zu begreifen.
Psychological Bulletin, doi: 10.1037/bul0000392