D. Lenz
Im Bereich Mode ist der Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und dem tatsächlichen Konsumverhalten der Verbraucher immer wieder Gegenstand von Studien. Besonders die Umweltschutzorganisation Greenpeace führt bereits seit Jahren regelmäßige Untersuchungen durch, in denen die verschiedenen Facetten des nachhaltigen Konsums bei Bekleidung und Schuhen analysiert wird. Auch wenn es erste Anzeichen dafür gibt, dass sich der deutsche Markt in einem Umbruch befindet und Mode im Vergleich zu anderen Konsumgütern an Bedeutung verliert, bleibt das Thema aktuell.
(Deutschland). Die Umbrüche innerhalb der Modebranche wirken sich nämlich sehr unterschiedlich aus. Dabei geht es nicht nur um den Wettbewerb zwischen Online- und stationärem Handel, sondern um eine immer weiter auseinandergehende Schere zwischen den unterschiedlichen Preissegmenten. Die Gewinner, das geht aus der McKinsey-Studie „The State of Fashion 2018“ hervor, sind demzufolge einerseits hochpreisige Hersteller und andererseits die Discounter, die im Preiswettbewerb etablierte Unternehmen zunehmend verdrängen.
Dennoch gibt es auf dem deutschen Markt immer noch Wachstumstreiber, von denen auch die wirtschaftliche Mitte der Modebranche profitieren kann. Laut Gesellschaft für Konsumforschung gehören Schuhe, seit jeher mit einem großen Anteil an den Gesamtumsätzen der Branche, zu diesen Treibern. Allerdings zeigen sich dabei ebenfalls Veränderungen, die sich auf Trendentwicklungen zurückführen lassen.
Sneaker beispielsweise können deutlich höhere Absatz- und damit Umsatzzahlen vorweisen, was unter anderem an der breiteren gesellschaftlichen Akzeptanz liegt. Die Sportschuhe werden zu jedem Anlass getragen und als massentaugliche Lieblingsstücke penibel mit allen Mitteln gepflegt. Trotzdem gilt auch für Sneaker der Wandel bei den Verbrauchererwartungen je nach Zielgruppe: Wie andere Schuhe werden sie entweder vergleichsweise günstig aus einem großen Angebot gekauft oder vorzugsweise – dann aber zu einem höheren Preis – aus einem exklusiveren Sortiment mit einem Mehr an Service.
Solche Beispiele zeigen jedoch auf der anderen Seite eines der Probleme auf, das sich unweigerlich aus dem Verbraucherverhalten ergibt: Trotz einer Vielzahl an Kleidungsstücken und Schuhen geht der Konsum weiter. Im Auftrag von Greenpeace hat die Marktforschungs- und Consulting-Firma „nuggets“ im vergangenen Jahr die Studie „Usage & Attitude Selbstreflexion Modekonsum“ durchgeführt. Zu diesem Zweck wurden etwas mehr als 1.000 Frauen im Alter zwischen 18 und 40 Jahren zu ihrem Kaufverhalten und ihrem derzeitigen Bestand an Kleidungsstücken befragt.
Das Fazit der Untersuchung: Beim Kleiderkauf steht nicht vornehmlich ein akuter Bedarf im Vordergrund, im Gegenteil wird trotz des vorhandenen Bewusstseins für den schon bestehenden Überfluss in den heimischen Kleiderschränken weiter konsumiert. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass
Bei den Gründen für ein derartiges Konsumverhalten, das sich durch alle befragten Altersgruppen zieht, liefert die Umfrage weitestgehend bekannte Stereotype:
Besonders bei diesem zweiten Punkt gibt es allerdings deutliche Unterschiede zwischen den Altersklassen und dem verfügbaren Budget. Einen Unterschied scheinen außerdem die sozialen Medien zu machen, in vielerlei Hinsicht:
Keine sonderlichen Überraschungen zeigt der Ergebnisbericht auch hinsichtlich der Frage nach den wichtigsten Auswahlkriterien, insbesondere beim Thema Nachhaltigkeit: Qualität, Haltbarkeit sowie eine sozial- und umweltverträgliche Produktion gehören zwar durchaus zu den wichtigeren Kriterien. Allerdings liegt der Anteil der befragten Frauen, die darauf bei ihrem Einkauf besonders achten, nur bei rund 50 Prozent. Allerdings ist diese Quote abhängig von Alter, Einkommen und formaler Bildung. Ungeklärt bleibt trotzdem, inwiefern sich die Bedeutung des Nachhaltigkeitsgedankens tatsächlich bei den Einkäufen niederschlägt.
Eine Antwort hierauf liefern zwei weitere Studien. Bei der ersten handelt es sich um den „Slow Fashion Monitor 2016“, eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Dr. Grieger & Cie., die zweite wurde vom Meinungsforschungsunternehmen Civey durchgeführt, ebenfalls mit dem Ziel, das Konsumverhalten im Bezug auf nachhaltige Mode zu erfassen.
Die Ergebnisse der Civey-Umfrage spiegeln in gewisser Weise die Erkenntnisse der Greenpeace-Studie wieder. So ist der Preis ein entscheidender Faktor für den Kauf nachhaltiger Kleidung, für 24 Prozent der Befragten sind zu hohe Preise ein Hinderungsgrund. Demgegenüber stehen allerdings rund 54 Prozent, die bereit wären, für Mode aus nachhaltiger Produktion mehr auszugeben als für konventionelle Kleidung.
In der Praxis liegt der Anteil derer, die tatsächlich innerhalb des vergangenen Jahres wenigstens ein nachhaltiges Kleidungsstück gekauft, bei einem Drittel (bei den Frauen 36,1 Prozent). Weniger erfreulich hingegen: Knapp 41 Prozent der befragten Verbraucher hat im selben Zeitraum gar keine nachhaltige Mode erworben, weitere rund 30 Prozent können nicht mit Bestimmtheit sagen, ob sie nachhaltig produzierte Kleidung gekauft haben oder nicht.
Ein ähnliches Bild zeichnet der „Slow Fashion Monitor“, hinsichtlich des Kaufverhaltens decken sich die Umfrageergebnisse sogar: Auch hier gaben 30 Prozent der Befragten an, in den vergangenen 12 Monaten mindestens ein Kleidungsstück aus nachhaltiger Produktion gekauft zu haben. Als aufmunterndes Zeichen für die Produzenten solcher Mode und die Shops, die sie verkaufen, dürften die mehr als 70 Prozent sein, denen Nachhaltigkeit beim Kleiderkauf wichtig ist. Bleibt allerdings auch hier die Frage, wann sich diese Ansicht in der Breite beim Konsumverhalten bemerkbar macht.
Anders verhält es sich mit der Wiederverwertung von Kleidungsstücken, die nicht mehr gefallen. Während der „Slow Fashion Monitor“ den Anteil der Deutschen, die ihre Kleidung in den Altkleidercontainer geben, mit rund 73 Prozent angibt, geht der Bundesverband Sekundärstoffe und Entsorgung e.V. (bvse) sogar von 86 Prozent aus.
Das allein könnte auf den ersten Blick nur als Indiz für den vielfach zitierten Status von Mode als Wegwerfprodukt gelten, allerdings gehen – so das Ergebnis einer Verbraucherumfrage im Auftrag des bvse zu einem Großteil nur Kleidungsstücke in die Altkleidersammlungen, die noch getragen werden können. Altkleider werden der Befragung zufolge von den Bürgern nicht als Abfall betrachtet, das wird außerdem in den Motiven für die Nutzung der Sammlungen deutlich:
Die Sammelmenge von Gebrauchttextilien und Schuhen bleibt allerdings beachtlich. Einer bvse-Studie zum Status des Textilrecyclings in Deutschland zufolge, kommen jährlich etwas mehr als eine Million Tonnen Textilien zusammen. Davon werden 54 Prozent in ihrer ursprünglichen Form verwertet, lediglich sechs Prozent dienen als Ersatzbrennstoff und zwei Prozent werden als Müll deklariert. Insgesamt macht das trotzdem noch 80.000 Tonnen aus. Durch das Vordringen der Bekleidungsdiscounter könnten sich die Zahlen zudem in der Zukunft ändern, weil die wenig hochwertigen Kleidungsstücke schneller und in größerer Stückzahl dem Recyclingkreislauf zugeführt werden könnten.
Langfristig lässt sich das Nachhaltigkeitsproblem der Modebranche daher wohl nur durch einen weitgehenden Verzicht auf Billigprodukte lösen. Das erfordert aber in erster Linie ein Umdenken beim Konsumverhalten, um den Markt für konventionell produzierte Mode zu verkleinern.