Realistische Fahrprofile

Elektroauto-Batterien haben deutlich höhere Lebensdauer als erwartet

 Robert Klatt

Elektroauto an einer Ladestation )kcotS ebodAaideMypsirC(Foto: © 

Die Lebensdauer von Elektroauto-Batterien wurde bisher im Labor mit einer konstanten Entlade- und Ladegeschwindigkeit untersucht. Nimmt man stattdessen ein Ladeprofil, das dem Lade- und Fahrverhalten in der Realität entspricht, ist die Lebensdauer deutlich höher. Elektroautos können ihre Batterien also wesentlich länger nutzen, als bisher angenommen wurde.

Stanford (U.S.A.). Batterieforscher erproben neue Batterien derzeit fast nur in Laboren, indem sie diese mit einer gleichbleibenden Entlade- und Ladegeschwindigkeit betreiben. Laut Simona Onori von der Stanford University kann dieser Prozess die Lebensdauer von Batterien von Elektroautos jedoch nicht realistisch untersuchen, weil zwischen den Lade- und Entladezyklen im Alltagsgebrauch deutlich längere Pausen liegen.

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Energy haben die Wissenschaftler deshalb vier unterschiedliche Entladeprofile für Elektroautos entwickelt, darunter ein dynamisches Profil, das auf realen Fahrdaten basiert und damit 92 herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien über einen Zeitraum von zwei Jahren getestet. Die Studie zeigt, dass die Lebensdauer der Batterien zunimmt, umso mehr das im Labor verwendet Entladeprofil mit der Realität übereinstimmt.

„Wir haben die Batterien von Elektroautos bislang nicht richtig getestet. Zu unserer Überraschung fördert reales Fahren mit häufigem Beschleunigen, Bremsen, kurzen Stopps zum Einkaufen und langen Ruhephasen die Batterielebensdauer mehr, als wir es auf Basis von Standard-Labortests angenommen hätten.“

Das Experiment zeigt, dass die realistische Lebensdauer der Elektroauto-Batterien um mehr als ein Drittel länger ist, als die Wissenschaft bisher prognostiziert hat. Besitzern von Elektroautos können ihr Fahrzeug also mehrere Jahre länger ohne einen teuren Batteriewechsel nutzen.

Künstliche Intelligenz (KI) untersucht Batteriealterung

Um Faktoren, die die Lebensdauer einer Batterie und den Einfluss der Entladeprofile auf die Batteriealterung beeinflussen, zu untersuchen, haben die Forscher eine Künstliche Intelligenz (KI) verwendet.

„Häufiges Beschleunigen, Bremsen, kurze Stopps und lange Ruhephasen helfen Batterien länger zu halten, als wir dachten.“

Laut den Ergebnissen können kurze, schnelle Beschleunigungen die Batteriealterung reduzieren. Zuvor ging man davon aus, dass die Belastungsspitzen die Batterien stark belasten und dadurch die Degradation fördern.

„Kräftiges Treten des Gaspedals beschleunigt die Alterung nicht. Im Gegenteil, es scheint die Alterung sogar zu verlangsamen.“

Zyklische- und zeitbasierte Alterung

Zudem haben die Forscher untersucht, wie sich zyklische Lade- und Entladeprozesse und die zeitbasierte Alterung auf die Batterien auswirken.

„Als Batterieingenieure sind wir davon ausgegangen, dass die zyklische Alterung eine deutlich größere Rolle spielt als die Alterung durch Zeit. Das trifft auch weitgehend auf kommerzielle Elektrofahrzeuge wie Busse und Lieferwagen zu, die nahezu durchgehend in Betrieb oder am Laden sind. Doch bei privaten E-Autos, die hauptsächlich zum Pendeln, für Einkäufe oder kurze Fahrten genutzt werden, wird die Alterung durch Zeit zur dominanten Ursache."

Sie konnten so ein optimales Entladetempo identifizieren, bei dem die zeit- und zyklusbasierte Alterung sich in einem Gleichgewicht befindet. Dieses Tempo liegt innerhalb des typischen Nutzungsverhaltens von privat genutzten Elektroautos. Laut den Forschern können Automobilhersteller die neuen Erkenntnisse nutzen, um ihre Batterie-Management-Software anpassen und dadurch die Batterielebensdauer unter realen Bedingungen erhöhen.

„In Zukunft wird es entscheidend sein, neue Batteriematerialien und -designs unter realistischen Bedingungen zu bewerten. Forschende können jetzt die vermuteten Alterungsmechanismen auf chemischer, materialwissenschaftlicher und zellulärer Ebene neu überdenken, um ihr Verständnis zu vertiefen. Dies wird die Entwicklung fortschrittlicher Kontrollalgorithmen erleichtern, die die Nutzung bestehender Batteriearchitekturen optimieren.“

Nature Energy, doi: 10.1038/s41560-024-01675-8

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