Solar-, Windkraft und Co.

Erneuerbare Energien könnten Stromnetze überfordern

Robert Klatt

Windkraftwerke in der Nähe von Hochspannungsleitungen )kcotS ebodAerolaglfk(Foto: © 

Der Ausbau erneuerbarer Energien und neue Verbraucher, vor allem Wärmepumpen und Elektroautos, könnten die Stromnetze überfordern. Sollte kein zeitnaher Ausbau erfolgen, wird dies die Energiewende verlangsamen.

Paris (Frankreich). Deutschland und viele andere Staaten haben in den letzten Jahren die erneuerbaren Energien deutlich ausgebaut, um die CO₂-Emissionen zu reduzieren und die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Eine Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigt nun, dass die aktuellen Stromnetze nicht für das rapide Wachstum der klimaneutralen Energiequellen Wind-, Wasser- und Solarkraft ausreichen. Laut IEA-Chef Fatih Birol müssen deshalb bis 2040 rund 80 Millionen Kilometer Stromnetze neu gebaut oder modernisiert werden.

„Die jüngsten Fortschritte bei sauberer Energie, die wir in vielen Ländern gesehen haben, sind beispiellos und geben Anlass zu Optimismus. Sie könnten jedoch gefährdet werden, wenn Regierungen und Unternehmen nicht zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Stromnetze der Welt für die neue globale Energiewirtschaft bereit sind. Wir müssen heute in Netze investieren oder morgen mit einem Stillstand konfrontiert sein.“

Simulation der Netzinvestitionen

Die Forscher der IEA haben für ihre Studie simuliert, was mit den Stromnetzen passiert, wenn die Regulierungsreformen zu langsam erfolgen und die Investitionen in die Stromnetze sich verzögern. Im schlimmsten Fall könnte dadurch der Ausbau erneuerbarer Energien sich deutlich verzögern und der Verbrauch fossiler Brennstoffe zunehmen.

Die CO₂-Emissionen zwischen 2030 und 2050 wären dadurch fast 60 Millionen Tonnen höher als im Optimalfall. Die Zunahme der globalen Durchschnittstemperaturen würden dadurch das Ziel von 1,5 Grad Celsius überschreiten und mit einer hohen Wahrscheinlichkeit (40 %) bei über 2 Grad Celsius liegen.

Wärmepumpen und Elektroautos

Wie die IEA erklärt, sind Elektroautos und Heizungen mit Wärmepumpen mitverantwortlich dafür, dass der Strombedarf in den kommenden Jahren signifikant zunehmen wird. Es handelt sich dabei um Bereiche, die aktuell ihre Energie noch größtenteils aus fossilen Brennstoffen decken. Eine zuverlässige Energieversorgung der neuen Verbraucher kann laut den Forscher der IEA nur durch Investitionen in der Stromnetze garantiert werden.

Kürzlich berichtete auch die Bundesnetzagentur (BNetzA), dass der zunehmende Stromverbrauch durch Elektroautos und Wärmepumpen die Versorgungssicherheit gefährdet. Die Behörde möchte es Netzbetreibern deshalb erlauben, Strom für diese Verbraucher in Deutschland aber zu drosseln.

Langsamer Ausbau der Stromnetze

Die IEA betont die Notwendigkeit, schnell zu handeln, da die Netzmodernisierung und -erweiterung oft lange Vorlaufzeiten erfordern. Während die Etablierung neuer Netzstrukturen häufig 5 bis 15 Jahre in Anspruch nimmt, können Projekte im Bereich erneuerbarer Energien oft innerhalb von 1 bis 5 Jahren realisiert werden. Zudem steht Ladeinfrastruktur für Elektroautos häufig schon in unter zwei Jahren zur Verfügung.

„Wir können uns keine Verzögerungen mehr leisten. Die kommenden 10 Jahre sind entscheidend. Der Ehrgeiz, den viele Länder für erneuerbare Energien gezeigt haben, muss sich jetzt auch in der Entwicklung und Modernisierung ihrer Elektrizitätsnetze widerspiegeln.“

Überdies betont Birol den hohen Stellenwert der internationalen Zusammenarbeit, etwa den Ausbau der Stromnetze in wirtschaftlich schwachen Ländern.

„Sicherzustellen, dass die Entwicklungsländer über die Ressourcen verfügen, die sie für den Aufbau und die Modernisierung von Stromnetzen benötigen, ist eine wesentliche Aufgabe der internationalen Gemeinschaft. So könnten führende Volkswirtschaften dazu beitragen, das Leben der Menschen zu verbessern, eine nachhaltige Entwicklung zu stärken und die Risiken des Klimawandels zu verringern.“

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