D. Lenz
Forscher haben ein Implantat entwickelt, welches aus dem menschlichem Ohr Energie gewinnen und damit elektronische Kleingeräte mit Strom versorgen kann. Die Forscher hoffen zukünftig auch Hörgeräte, andere medizinische Apparate und kleinere Elektrogeräte mit dem Strom aus dem Ohr versorgen zu können.
Cambridge (U.S.A.). Es ist schon seit mehr als 60 Jahren bekannt, dass Säugetiere - also auch der Mensch - tief im Ohr eine natürliche Stromquelle beherbergt. Dabei handelt es sich um eine Kammer, welche mit Hilfe von Ionen ein elektronisches Potenzial erzeugen kann und damit die Nerven anregt. Forscher haben jetzt ein winziges Implantat entwickelt, welches diese Stromquelle im Ohr anzapfen kann. Mit diesem kleinen biotechnischen Apparat wollen die Forscher des Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) zukünftig Hörgeräte oder andere technische Geräte mit Strom versorgen, wie Patrick Mercier der Fachzeitschrift Nature Biotechnology berichtet.
Damit Menschen hören können wandelt das Ohr ein mechanisches Signal, also die leichten Vibrationen im Trommelfell, in ein elektrochemisches Signal um. Dieses wird anschließend über Impulse zu Gehirn gesendet und dort verarbeitet. Bei diesem Vorgang spielt die natürliche Stromerzeugung im Ohr eine wichtige Rolle, denn sie liefert quasie den Strom, der die elektrochemischen Signale erzeugt. Die Stromquelle sitzt in einer Kammer in der Hörmuschel und ist durch eine Membran in zwei Hälften unterteilt. Ein Ungleichgewicht von Alium-Ionen auf der einen und Natrium-Ionen auf der anderen Seite der Membran erzeugt so bei Bedarf eine elektrische Spannung, indem ein spezieller Mechanismus Ionen von einer Seite zur anderen befördert. Diese Kammer in der Hörmuschel ist die größte stromerzeugende Struktur dieser Art im menschlichen Körper.
Damit Mercier und seine Forschungskollegen die natürliche Stromquelle für sich nutzen konnten, musste noch eine besondere Hürde überwunden werden. Auch wenn das Ohr die höchste elektrische Spannungsquelle im Körper erzeugt, ist diese dortige Spannung aus elektrotechnischer Sicht äußerst gering. Damit beim Abzweigen der Energie das Hörvermögen nicht beeinträchtigt wird, können die Forscher nur einen sehr geringen Teil des Stroms für sich nutzen. Somit darf das Implantat in fünft Stunden nicht mehr als ein Nanowatt verbrauchen.
Mercier und sein Team entwickelt einen kleinen Funksender, der weniger als ein Nanowatt in fünf Stunden verbraucht. Diesen Funksender platzierten sie anschließend auf dem Körper eines Meerschweinchens und verbanden den Funksender mit der natürlichen Stromquelle im Ohr des Tieres. Der Versuch gelang und der Funksender sammelte während des Experiments Daten über die chemischen Prozesse im Innenohr. Hörtests haben zudem gezeigt, dass das Meerschweinchen keinerlei Beeinträchtigung durch das Implantat aufwies.
Wie Konstantina Stankovic vom Massachusetts Eye and Ear Infirmary berichtet, wissen wir bereits seit mehr als 60 Jahren von der natürlichen Stromquelle im Ohr. Bisher hat jedoch noch niemand versucht, diese Energie für das Betreiben von elektronischen Geräten zu nutzen. Der Grund mag wohl der sein, dass diese Region im Ohr im allgemeinen als sehr sensibel gilt.
Die Technik befindet sich allerdings mitten in der Entwicklungsphase. Im nächsten Schritt soll der Chip in ein menschliches Ohr implantiert werden, wo er sein können unter Beweis stellen soll. Ziel ist es zukünftig technische medizinische Geräte oder sogar Unterhaltungselektronik mit Strom aus dem Ohr versorgen zu können.