Robert Klatt
Eine dünne Graphenschicht in Textilien schützt vor Mückenstichen und ersetzt so chemische Abwehrmittel. Derzeit verliert das Material bei Nässe allerdings noch seine Wirksamkeit.
Providence (U.S.A.). Mücken werden von vielen Menschen nicht nur als störend empfunden, sondern können auch gefährliche Krankheiten wie den West-Nil-Virus und Malaria übertragen. Aktuell werden als Schutz vor den Insekten hauptsächlich chemische Präparate genutzt, die entweder direkt auf die Haut oder die Kleidung aufgetragen werden. Wissenschaftler der Brown University haben nun einen neuen Mückenschutz entwickelt, der aus Graphen besteht, dessen ultradünnen Gitter aus Kohlenstoffatomen flexibel und gleichzeitig extrem stabil sind.
Robert Hurt, Co-Autor der Fachmagazin PNAS publizierten Studie erklärt, dass „Mücken wichtige Krankheitsüberträger sind und daher ein großes Interesse an nicht chemischen Abwehrstrategien besteht.“
Die Idee auf Basis von Graphen einen Schutz vor Mückenstichen zu entwickeln kam den Wissenschaftlern zufällig, als sie damit beschäftigt waren Graphen-haltige Textilien herzustellen, die bei der Arbeit mit giftigen Chemikalien schützen sollen. Um zu erproben ob das neue Material mit der dünnen Graphenschicht auch vor Mücken schützen kann, haben die Forscher dies anhand von 100 Gelbfiebermücken (Aedes aegypti) und eine Reihe freiwilliger Personen im Labor untersucht.
Dazu erhielten die Probanden eine Hülle, die den Unterarm und die Hand bedeckt. Anschließend haben sie die so geschützte Körperpartie in einer Kammer platziert, in der sich die hungrigen Insekten befanden. Ein Teil der Probanden erhielt statt dem Graphen-Schutz lediglich ein Mulltuch, die dritte Gruppe erhielt gar keinen Schutz. Im Anschluss wurde ausgewertet, wie oft die drei Vergleichsgruppen jeweils unter bis auf den Schutz gleichen Bedingungen gestochen wurden.
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass der Schutz aus mehrlagigem Graphenoxid (GO) in einem Mantel aus Mull wirksam vor Mücken schützt, da keiner der Probanden auch nur ein einziges Mal gestochen wurde. Die beiden anderen Gruppen wurden hingegen fast gleich oft gestochen.
Überraschenderweise landeten die Mücken noch nicht einmal auf dem Schutz aus Graphenoxid, wie Cintia Castilho, die Hauptautoren der Studie erklärt. Das vollkommene Ignorieren zeigt laut den Wissenschaftlern, dass die Insekten ihr Ziel aufgrund des Graphenfilms nicht wahrnehmen. Geplant war eigentlich, einen physikalischen Schutz auf Graphenbasis zu erzeugen.
Um die Annahme zu bestätigen, haben die Wissenschaftler anschließend Schweiß von außen auf die Graphen-Barriere aufgebracht, was dazu führte, dass die Insekten angezogen wurden wie von nackter Haut. Es zeigte sich dabei jedoch, dass Graphen auch physikalisch vor Mückenstichen schützen, da die Tiere das Material nicht durchdringen können.
Leider verringert sich die Schutzwirkung bei Nässe deutlich, was dazu führte, dass die benötigte Durchstoßfestigkeit des Graphenoxids nicht mehr gegeben war. Ein alternatives Material, das auch unter nassen Bedingungen widerstandsfähig ist, konnte zwar ebenfalls erzeugt werden, dieses besitzt aber wie Hurt erklärt „den Nachteil nicht atmungsaktiv zu sein“, was es für Kleidung unbrauchbar macht.
In Zukunft wollen die Wissenschaftler nun versuchen ein reduziertes Graphenoxid zu erzeugen, dass atmungsaktiv ist und trotzdem bei Nässe und Trockenheit vor Insektenstichen schützt. Sollte dies gelingen könnte der Graphenfilm laut den beteiligten Wissenschaftlern in Zukunft in Kleidung integriert werden, um so Menschen vor gefährlichen Mückenstichen zu schützen, ohne dass dafür chemische Abwehrmittel, die sowohl für den Benutzer als auch die Umwelt schädlich sind, nötig sind.
PNAS, doi: 10.1073/pnas.1906612116