Robert Klatt
Ein neues Nanomaterial, das mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) entwickelt wurde, ist deutlich stabiler als Stahl und so leicht wie Styropor. Das Material als Kohlenstoff soll in der Luft- und Raumfahrt verwendet werden, um die Stabilität zu erhöhen und die CO₂-Emissionen zu reduzieren.
Toronto (Kanada). In vielen Bereichen, etwa der Luftfahrtindustrie, werden Materialen benötigt, die gleichzeitig leicht und stabil sind. Wissenschaftler der University of Toronto (UToronto) haben nun mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) ein neues Nanomaterial entwickelt, das die Leichtigkeit von Styropor und die Festigkeit von Stahl vereint.
„Nano-architektonische Materialien kombinieren hochleistungsfähige Formen, wie man sie beispielsweise beim Bau von Brücken mit Dreiecken verwendet, auf einer Nanoskala. Dadurch nutzen sie den Effekt ‚kleiner ist stärker‘ aus und erreichen einige der höchsten Festigkeits-Gewichts- und Steifigkeits-Gewichts-Verhältnisse aller bekannten Materialien.“
Wie die Forscher erklären, haben die bisher meistens verwendeten Gitterformen und Geometrien scharfe Kanten und Ecken. Es kommt dadurch innerhalb des Materials zu Spannungen, die zu frühzeitigen Brüchen führen. Mithilfe von KI kann das Problem der Spannungsansammlungen jedoch effizient bearbeitet werden.
Nanomaterialien bestehen aus kleinsten, sich wiederholenden Einheiten, die meistens nur einige Hundert Nanometer groß sind. Diese Bausteine, von denen über einhundert hintereinander die Dicke eines menschlichen Haares haben, werden in sogenannten Nanogittern angeordnet.
Laut der Publikation im Fachmagazin Advanced Materials haben die Wissenschaftler einen Algorithmus des Korea Advanced Institute of Science & Technology (KAIST) verwendet, um diese komplexen 3D-Strukturen zu optimieren. Der Algorithmus kann die bestmögliche Form für ein Nanomaterial entwickeln, das minimale Spannungen aufweist und ein gutes Festigkeit-Gewicht-Verhältnis hat.
Als die Forscher mithilfe der KI die optimale Geometrie des Kohlenstoffnanomaterials konstruiert hatten, haben sie anschließend mit einem speziellen 3D-Ducker das Material real produziert. Das optimierte Nanogitter aus Kohlenstoff ist doppelt so fest wie vorherige Designs und kann einem rund fünfmal höheren Druck aus Titan standhalten.
„Dies ist das erste Mal, dass maschinelles Lernen zur Optimierung nano-architektonischer Materialien eingesetzt wurde, und wir waren von den Verbesserungen überrascht. Der Algorithmus replizierte nicht nur erfolgreiche Geometrien aus den Trainingsdaten, sondern lernte auch, welche Veränderungen an den Formen funktionierten und welche nicht, und konnte so völlig neue Gittergeometrien vorhersagen.“
Die Wissenschaftler erhoffen sich, dass das neue Material in Zukunft für die Entwicklung von ultraleichten Komponenten für die Luft- und Raumfahrt verwendet wird. Dies kann sowohl die Leistungsfähigkeit erhöhen als auch die CO₂-Emissionen reduzieren.
„Wenn man beispielsweise Titan-Bauteile in einem Flugzeug durch dieses Material ersetzt, könnte man pro Jahr 80 Liter Treibstoff pro Kilogramm des ersetzten Materials einsparen.“
In der kommenden Zeit konzentrieren sich die Forscher darauf, die Produktion des Nanomaterials zu verbessern, um den Bau von größeren Bauteilen ökonomisch zu machen. Außerdem wollen sie untersuchen, ob es Materialarchitekturen mit einer noch geringeren Dichte und einer noch höheren Stabilität gibt.
Advanced Materials, doi: 10.1002/adma.202410651