Robert Klatt
Die Künstliche Intelligenz (KI) Life2vec kann zentrale Ereignisse im Leben eines Menschen mit hoher Genauigkeit prognostizieren, etwa, ob dieser in den kommenden Jahren stirbt.
Kongens Lyngby (Dänemark). Wissenschaftler der Danmarks Tekniske Universitet (DTU) um Sune Lehmann haben eine Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt, die Ereignisse im Leben von Menschen, prognostizieren kann. Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Computational Science wurde der Machine Learning Algorithmus Life2vec dazu mit Daten von sechs Millionen Dänen, darunter der Wohnort, der Beruf und das Einkommen sowie die Gesundheit, trainiert. Nachdem das Modell aus den Daten Muster abgeleitet hat, konnte es unterschiedliche Ereignisse mit hoher Genauigkeit vorhersagen.
„Wir haben das Modell genutzt, um die grundlegende Frage zu beantworten: Inwieweit können wir Ereignisse in Ihrer Zukunft auf der Grundlage von Bedingungen und Ereignissen in Ihrer Vergangenheit vorhersagen? Wissenschaftlich gesehen ist für uns nicht so sehr die Vorhersage selbst spannend, sondern die Aspekte der Daten, die es dem Modell ermöglichen, solch präzise Antworten zu geben.“
Die KI Life2vec liefert Vorhersagen zu grundlegenden Fragen, etwa dazu, ob ein Mensch in den nächsten vier Jahren stirb. Life2vec kodiert dazu die Daten in einem großen System von Vektoren, einer mathematischen Struktur, die die verschiedenen Daten organisiert. Das Modell entscheidet, wo Daten über Geburtszeit, Schulbildung, Ausbildung, Gehalt, Wohnen und Gesundheit platziert werden.
Personen in Führungspositionen mit einem höheren Einkommen tendieren dazu, eine längere Lebenserwartung zu haben. Im Gegensatz dazu weisen Männer, Personen mit besonderen Fähigkeiten oder mentale Beeinträchtigungen ein erhöhtes Risiko für einen früheren Tod auf. Diese verschiedenen Faktoren tragen gemeinsam zur Beantwortung der Frage bei, ob der Tod innerhalb der nächsten vier Jahre eintreten könnte. Die Antworten der KI stimmen laut den Forschern mit bestehenden Erkenntnissen aus den Sozialwissenschaften und der Medizin überein.
„Spannend ist es, das menschliche Leben als eine lange Abfolge von Ereignissen zu betrachten, ähnlich wie ein Satz in einer Sprache aus einer Reihe von Wörtern besteht. Das ist normalerweise die Art von Aufgabe, für die Transformer-Modelle in der KI verwendet werden, aber in unseren Experimenten verwenden wir sie, um das zu analysieren, was wir Lebensabläufe nennen, d. h. Ereignisse, die im menschlichen Leben stattgefunden haben.“
Laut den Forscher bestehen bezüglich Life2vec ethische Fragen, insbesondere hinsichtlich des Schutzes sensibler Daten und der Privatsphäre. Sie betonen, dass ein besseres Verständnis erforderlich ist, bevor das Modell effektiv genutzt werden kann, etwa zur Abschätzung des Krankheitsrisikos oder zur Vorhersage anderer vermeidbarer Lebensereignisse.
Überdies eröffnet das Modell sowohl positive als auch negative Perspektiven, die politische Diskussionen erfordern. Ähnliche Technologien zur Vorhersage von Lebensereignissen und menschlichem Verhalten werden bereits von unterschiedlichen Unternehmen verwendet, etwa zur Profilierung und Vorhersage des Nutzerverhaltens in sozialen Netzwerken.
Nature Computational Science, doi: 10.1038/s43588-023-00573-5