Robert Klatt
Eine neue „Lebensmitteltinte“ ermöglicht es, Gemüse mit beliebiger Form und Textur per 3D-Drucker herzustellen. Dies soll die Ernährung von Menschen mit Dysphagie (Schluckstörung) verbessern.
Singapore (Singapore). Patienten mit Dysphagie (Schluckstörung) erhalten in der Regel pürierte Kost. Um diese ästhetisch ansprechender zu gestalten, formen Mediziner das pürierte Essen mittels Silikonformen. Dies ist allerdings arbeitsintensiv, zeitraubend und bedarf eines Lagerplatzes. Eine Alternative zu sind Lebensmittel aus dem 3D-Drucker, die in der gewünschten Form und Konsistenz zeitsparend und unkompliziert produziert werden können.
Tinten für den 3D-Lebensmitteldruck bestehen gewöhnlich aus verflüssigten oder halbfesten Lebensmitteln. Diese werden anschließend aus einer Düse extrudiert und Schicht für Schicht aufgetragen. Das Problem dabei ist, dass die verwendeten Nahrungstinten, die auf dehydrierten und gefriergetrockneten Lebensmitteln basieren, oft einen hohen Anteil an Zusatzstoffen wie Hydrokolloiden aufweisen.
Diese dienen der Stabilisierung der Tinte und der Gewährleistung eines reibungslosen Druckprozesses. Allerdings beeinflusst eine hohe Konzentration von Hydrokolloiden Geschmack, Beschaffenheit und Duft des ausgedruckten Essens, was es für Patienten mit Dysphagie weniger appetitlich macht. Das kann zu verminderter Essensaufnahme und Unterernährung führen.
Wissenschaftler der Nanyang Technological University (NTU), der Singapore University of Technology and Design (SUTD) und des Khoo Teck Puat Hospital (KTPH) haben nun eine neue Herstellungsmethode für „Lebensmitteltinte“ vorgestellt. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Food Hydrocolloids besteht diese aus frischen und gefrorenen Gemüse.
Der wohl größte Vorteil des neuen Produktionsverfahrens ist, dass die Nährstoffe besser erhalten werden und dass der Geschmack deutlich besser ist. Die Forscher erhoffen, dass dies die Nahrungsaufnahme der Patienten mit Dysphagie deutlich erhöht und ihre körperlichen und psychische Gesundheit verbessert.
Das Team fand zudem heraus, dass sich Gemüsearten in drei große Gruppen unterteilen lassen, für die jeweils unterschiedliche Hydrokolloid-Behandlungen notwendig sind, um sie für den Druckprozess geeignet zu machen. Beispielsweise wurden Gartenerbsen, Karotten und Pak Choi als repräsentative Beispiele für jede Kategorie herangezogen. Dabei benötigten diese jeweils keine Hydrokolloide, eine Sorte Hydrokolloide bzw. zwei verschiedene Hydrokolloide.
Nach Aussage von Prof. Yi Zhang, dem Hauptverantwortlichen des Forschungsteams der NTU, ermöglicht ihre Innovation, dass Menschen mit Schluckstörungen eine sichere, nährstoffreiche Ernährung erhalten. Dabei gewinnt die Essensaufnahme an Würde, indem die Patienten aktiv am sozialen Leben teilnehmen und Mahlzeiten genießen können, die regulären Essen in Aussehen, Konsistenz und Geschmack ähneln.
Die Technik des 3D-Drucks von frischem Gemüse lässt sich mühelos in Krankenhäusern, Altenheimen und Tagespflegeeinrichtungen für ältere Menschen mit Dysphagie und ähnlichen Beschwerden einsetzen. Ebenso stellt diese Forschung einen weiteren Fortschritt in der digitalen Gastronomie dar, die es ermöglicht, auf spezifische Vorgaben von Ernährungsberatern einzugehen, wie die individuelle Anpassung des Nährstoffgehalts und die optische Gestaltung der Gerichte. Laut Gladys Wong könnte die Technik in Zukunft überdies die Ernährung von Senioren verbessern.
„Der 3D-Druck von Lebensmitteln stellt weit mehr dar als nur eine aktuelle Innovation. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Verfahren in der näheren Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur Ernährung unserer stetig älter werdenden Gesellschaft leisten wird. Unsere schwachen, älteren Patienten und diejenigen, die an Schluckstörungen leiden, können trotz einer strengen Diät aus pürierten Speisen ein attraktives und zufriedenstellendes Esserlebnis erleben.“
Food Hydrocolloids, doi: 10.1016/j.foodhyd.2020.106546