Robert Klatt
Ein neues Luftfiltersystem tötet Viren und andere organische Materialien per Oxidation.
Dresden (Deutschland). Aerosole (Schwebeteilchen) sind im Laufe der Covid-19-Pandemie als einer der Übertragungswege von SARS-CoV-2 in den Fokus der Wissenschaft gelangt. Inzwischen haben zahlreiche Studien belegt, dass die kleinen Partikel vor allem in Innenräumen, die nicht gelüftet oder deren Luft nicht gefiltert wird, das Infektionsrisiko deutlich erhöhen.
Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) hat deshalb in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM) im Rahmen des Projekts „CoClean-up“ ein neues Luftfiltersystem entwickelt, das Viren „kalt verbrennt“.
Herkömmliche Raumluftfilter können laut einer Studie der Universität der Bundeswehr die Aerosolbelastung in geschlossenen Räumen zwar reduzieren aber nicht die im Filter verbleibenden Viren töten. Im Gegensatz dazu zerstört der neue Raumluftfilter der Fraunhofer-Institute die aus der Luft gefilterten Viren vollständig.
Dazu wird im Lüftungssystem die eingesaugte Luft in eine Salzlösung eingeleitet, durch die eine von zwei Elektroden erzeugte, elektrische Spannung fliest. Viren und andere organische Materialien verfangen sich in der Salzlösung und werden dann von einer der Elektroden zu CO2 oxidiert. An der anderen Elektrode entstehen geringe Mengen Wasserstoff. „Unser Raumlüfter zerstört Viren und anderes organisches Material vollständig“, sagt Hans-Jürgen Friedrich, Gruppenleiter am Fraunhofer IKTS.
Laut des Projektteams entstehen bei einer "üblicher Raumgröße" und "etlichen Personen" über mehrere Stunden nur einige hundert Milliliter CO2 und Wasserstoff. Eine Gesundheitsgefahr geht aufgrund der geringen Mengen davon somit nicht aus. Neben der Schadstoffkonzentration in der abgeleiteten Luft haben die Wissenschaftler auch die Elektrolyse an den Elektroden auf mögliche Sicherheitsrisiken untersucht.
„Für die Tests nutzen wir aus Sicherheitsgründen keine Corona-Viren, sondern repräsentative Surrogate, die sehr ähnliche Eigenschaften haben“, erklärt Dr. Katharina Schwarz, Abteilungsleiterin am Fraunhofer ITEM. Auch in kommenden Experimenten wollen die Wissenschaftler vorerst Aerosole mit anderen Viren nutzen, bevor Untersuchungen mit dem neuen Corona-Virus erfolgen.
Ein erster Prototyp des Raumlüfters soll im April 2021 fertiggestellt sein. Bis zur Marktreife vergehen sehr wahrscheinlich aber noch anderthalb Jahre. „Es gibt nur wenige Möglichkeiten, solche Probleme derart zu lösen, dass am Ende nur CO2. Unser Ansatz hat da viel Potenzial – nicht nur, aber auch bei Corona“, erklärt Friedrich. Die Entwickler sind jedoch zuversichtlich, dass es für das neue Lüftungskonzept auch nach der Covid-19-Pandemie Anwendungsmöglichkeiten geben wird.