Dennis L.
Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) haben eine neue kristalline Struktur für Solarzellen aus Barium-, Strontium- und Calciumtitanat entwickelt. Sie erzeugt bis zu 1000-mal mehr Strom als herkömmliche Dünnschichtsolarzellen.
(Deutschland). In einer aktuellen Veröffentlichung in Science Advances zeigen Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), dass ultradünne ferroelektrische/paraelektrische Supergitter die Leistung von Solarzellen erheblich steigern. Indem sie eine ferroelektrische Schicht mit einer paraelektrischen Schicht in einer Gitterstruktur abwechseln, konnten sie die Leistung einer herkömmlichen PV-Zelle um das Tausendfache steigern. Die neuen Supergitter könnten dazu beitragen, die Solarenergie zu revolutionieren.
Da der Wirkungsgrad kristalliner Photovoltaikprodukte begrenzt ist, wird seit Jahren auch an Alternativen geforscht, die höhere Wirkungsgrade ermöglichen. Die Universität Halle-Wittenberg hat bereits vor einigen Jahren mit der Arbeit an solchen Materialien begonnen, darunter Ferroelektrika wie Bariumtitanat, ein Mischoxid aus Barium und Titan.
Die dreischichtigen Solarzellen dominieren in Leistung und Wirkungsgrad: Die idealen Kombinationen setzen jedoch diese speziellen Kristalle voraus. Reines Bariumtitanat zum Beispiel würde nur wenig Sonnenlicht absorbieren. Die Kombination in extrem dünnen Schichten würde dagegen die Ausbeute deutlich erhöhen. „Wichtig dabei ist, dass sich ein ferroelektrisches mit einem paraelektrischen Material abwechselt. Letzteres weist zwar keine getrennten Ladungen auf, kann unter bestimmten Bedingungen, etwa bei niedriger Temperatur oder leichten Modifikationen der chemischen Struktur, jedoch ferroelektrisch werden“, erklärt Physiker Akash Bhatnagar.
Da sich die ferroelektrische Schicht mit zwei verschiedenen paraelektrischen Schichten abwechselt, ist der photovoltaische Effekt viel stärker als bei herkömmlichen Mehrschichtsolarzellen. Das bedeutet, dass sie bis zu 1000-mal effizienter ist. „Wir haben das Bariumtitanat zwischen Strontium- und Calciumtitanat eingebettet“, erklärt Yeseul Yun, Doktorandin an der MLU und Erst-Autorin der Studie. „Dafür werden die Kristalle mit einem Hochleistungslaser verdampft und auf Trägersubstraten wieder abgelagert. Das so hergestellte Material besteht aus 500 Schichten und ist etwa 200 Nanometer dick.“
Für die photoelektrischen Messungen wurde das Material mit Laserlicht bestrahlt. Im Vergleich zu reinem Bariumtitanat ähnlicher Dicke war der Stromfluss bei gleichem Anteil an Bariumtitanat als photoelektrischer Hauptkomponente bis zu 1000-mal stärker. "Offenbar führt die Interaktion der Gitterschichten zu einer wesentlich höheren Permittivität – also dazu, dass die Elektronen aufgrund der Anregung durch die Lichtphotonen deutlich leichter abfließen können“, erläutert Bhatnagar. Der beobachtete Effekt sei laut Angaben der Forscher sehr beständig und über einen Zeitraum von sechs Monaten nahezu konstant geblieben.
Selbst Wissenschaftler waren von den Ergebnissen verblüfft. Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, warum dieser Aufbau so viel effizienter als normale Solarzellen ist. Die Forscher sind sich aber jetzt schon sicher, dass ihre Forschungsarbeit schon bald eine praktische Anwendung finden und nach und nach herkömmliche Solarmodule ersetzen wird. „Die Schichtstruktur zeigt in allen Temperaturbereichen eine höhere Ausbeute als ein reines Ferroelektrikum. Zudem sind die verwendeten Kristalle deutlich langlebiger und benötigen keine spezielle Verpackung“, so Bhatnagar.