Robert Klatt
Turbulence Cancelling, eine Technik des österreichischen Unternehmens Turbulence Solutions, kann Turbulenzen beim Fliegen fast komplett verhindern. Außerdem reduziert das System den Treibstoffverbrauch und damit die CO₂-Emissionen der Flugzeuge.
Wien (Österreich). Turbulenzen und Luftlöcher sind für die Passagiere und das Flugzeug in der Regel ungefährlich. Besonders bei Personen, die ohnehin unter Flugangst leiden, kann das Rütteln und abrupte Absinken jedoch zu starkem Unwohlsein und Panik führen.
Wissenschaftler der TU Wien um András Gálffy haben deshalb 2019 die Turbulence Cancelling, eine Technik, die Flugzeuge in turbulenter Luft stabilisiert, entwickelt. Inzwischen hat das aus dem Forschungsprojekt entstandene Unternehmen Turbulence Solutions das System zur Serienreife gebracht.
Turbulence Cancelling basiert auf einer Kombination von Sensoren und Regelungstechnik. Wie Gálffy gegenüber futurezone.at erklärt, kann das System Turbulenzen frühzeitig erkennen.
„Sie erkennen Turbulenzen, noch bevor sie auf die Flügel treffen.“
Sobald die Sensoren eine auffällige Veränderung am Luftdruck entdeckt haben, gleicht die Regelungstechnik diese automatisch im passenden Moment aus. Dies geschieht, indem das System die Flügelklappen der Flugzeuge rechtzeitig in die optimale Position bringt und damit den Auftrieb erhöht oder reduziert.
„Störungen, die von außen einwirken, werden gegengleich erzeugt. Auch Vögel gleichen Turbulenzen mit ihren Flügeln aus.“
Mit Simulationen konnte Turbulence Solutions belegen, dass die Technik die Auswirkungen von Turbulenzen um 80 Prozent reduziert. Grundsätzlich ist laut den Forschern Turbulence Cancelling auch dazu geeignet, starke Luftlöcher auszugleichen. Der Fokus bei der Entwicklung lag aber darauf, dass die Lösung bei normalen Turbulenzen ausfallsicher ist.
Neben den angenehmeren Flügen für die Passagiere bietet die Technik auch den Fluggesellschaften Vorteile. Aktuell versuchen Piloten kritischere Lufträume zu umfliegen, um Turbulenzen zu vermeiden und den Komfort zu erhöhen. Die Flugzeiten und der Treibstoffverbrach nehmen dadurch jedoch deutlich zu. Laut Turbulence Solutions ist dieses Umfliegen dank ihres Systems nicht mehr nötig. Flugzeuge könnten also auch bei problematischen Lufträumen ihre geplante Flugroute beibehalten und damit Treibstoff sparen.
Außerdem ermöglicht Turbulence Cancelling den Einsatz kleinerer Flugzeuge. Aktuell verzichten viele Fluggesellschaften auf kleine Modelle, weil in ihnen Turbulenzen als deutlich unangenehmer empfunden werden.
„Sie fühlen sich an, wie kleine Boote auf unruhiger See.“
Durch den Ausgleich der Turbulenzen kann ein identischer Komfort laut dem Unternehmen auch mit kleinen Flugzeugen erreicht werden. Insgesamt könnte das System laut einer Berechnung von Turbulence Solutions die CO₂-Emissionen des kommerziellen Luftverkehrs um zehn Prozent reduzieren.
Das von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) geförderte Projekt wurde bereits erfolgreich erprobt. In den kommenden Jahren soll der Einsatz deutlich ausgeweitet werden.
„Ziel ist, dass im nächsten Sommer der erste Passagier mitfliegen und die Entwicklung spüren kann. Innerhalb von ein bis zwei Jahren sollen dann die ersten Flugzeuge mit Turbulence Cancelling ausgestattet werden.“
Anfangs möchte Turbulence Solutions kleine Flugzeuge, also Zwei- und Viersitzer oder Business-Jets, mit der Technik ausrüsten. Ein Folgeforschungsprojekt soll das System dann für Linienflieger weiterentwickeln.
„Das mittelfristige Ziel ist, auch Linienflieger mit der Lösung auszustatten.“