Robert Klatt
Ein neues Fenster kann dank einer Nanodrahtstruktur präzise das einfallende sichtbare Licht und Infrarotlicht kontrollieren. Dadurch kann der Heiz- und Kühlenergiebedarf von Gebäuden stark reduziert werden.
Nanjing (China). Etwa 40 Prozent des globalen Energieverbrauchs entfallen auf Gebäude, davon rund die Hälfte auf Heizung und Kühlung. Fenster, die Hauptschnittstelle für den Energieaustausch zwischen Innen- und Außenbereichen, sind je nach Gebäudetyp für 20 bis 40 Prozent der Energieverluste verantwortlich. Die Forschung arbeitet deshalb seit Langem an neuen Fenstern, die den Energieverbrauch minimieren sollen, ohne die Ästhetik und den Lichteinfall zu stören.
Wissenschaftler der Nanjing University of Aeronautics and Astronautics haben im Fachmagazin Nano-Micro Letters nun ein innovatives dualband-elektrochromes Fenster vorgestellt, das eine präzise Kontrolle des einfallenden sichtbaren Lichts und der Infrarotstrahlung erlaubt. Durch die Fähigkeit, Licht und Wärme gezielt über mehrere Wellenlängen zu kontrollieren, vermindert das Fenster sowohl den Heiz- als auch den Kühlbedarf stark. Der Energieverbrauch von Gebäuden kann durch um bis zu 20 Prozent reduzieret werden.
Das neue Fenster nutzt eine W18O49-Nanodrahtstruktur, die eine präzise Kontrolle der optischen Modulation im sichtbaren und Infrarotbereich ermöglicht. Die optischen Modulationsbereiche sind sowohl bei sichtbarem Licht (73,1 %) als auch bei Infrarotlicht (85,3 %) hoch und die Kapazitätsverluste sind auch nach 10.000 Zyklen minimal (3,3 %). Dank der hohen Energierückgewinnungseffizienz (51,4 %) kann das Fenster einen bedeutenden Teil der Energie, die für die Färbeprozesse verwendet wird, recyceln und dadurch den Nettoenergieverbrauch minimieren.
Laut den Forschern kann das neue Fenster die thermische Regulierung in unterschiedlichen Klimazonen optimieren. Dabei übertrifft es laut Simulationen mit EnergyPlus sowohl herkömmliches Glas als auch andere Smartgläser deutlich. Außerdem konnten die Forscher bereits zeigen, dass sich die Technik auch in großen Fenstergrößen realisieren lässt, ohne dass dadurch Leistungseinbußen entstehen.
Bevor das neue Fenster tatsächlich in Gebäuden verbaut werden kann, müssen jedoch noch Probleme bei der Massenproduktion und der Kosteneffizienz gelöst werden. Die Forscher wollen deshalb in Folgestudien die Materialstabilität erhöhen und untersuchen, wie das Fenster in architektonische Systeme integriert werden kann. Anschließend soll das Design noch für den Massenmarkt angepasst werden.
Nano-Micro Letters, doi: 10.1007/s40820-024-01604-0