Dennis L.
Trotz ihrer Zukunftsträchtigkeit fehlen der Elektromobilität mehrere Jahrzehnte Entwicklungsarbeit, die stattdessen in den Verbrennungsmotor flossen. Nicht nur deshalb stellt dieses große Feld derzeit eine der wichtigsten Triebfedern der globalen Forschung und Entwicklung in gleich mehreren Disziplinen dar.
Die automobile Zukunft muss zu einem erheblichen Teil elektrisch sein. So wollen es die Gesetze in verschiedenen Ländern, so wollen es immer mehr Kunden und nur so können einige der bedeutendsten Emittenten klimaschädigender Abgase merklich reduziert werden. Unter anderem eine Deloitte-Studie geht umfassend darauf ein.
Allerdings bietet die aktuelle Form der Elektromobilität – speziell in batterieelektrischer Ausprägung – noch viel Verbesserungspotenzial. Einerseits, um diverse Nachteile gegenüber Verbrennern wettzumachen. Andererseits, um diese Fahrzeuge in jeglicher Hinsicht „besser“ als ihre Vorgänger zu machen.
Denn eines ist klar: Gesetze können den Rahmen vorgeben. Jedoch müssen sich Kunden aktiv für Elektrofahrzeuge entscheiden. Dazu ist es nötig, sie davon zu überzeugen, dass diese Fahrzeuge die bessere Alternative sind. Selbst, wenn das Argument der lokalen Abgasfreiheit und der noch günstigeren Betriebskosten nicht verfängt.
Aus all diesen Gründen heraus beschäftigt die Elektromobilität derzeit unzählige Labore, Forschungseinrichtungen und Entwicklungszentren auf dem gesamten Globus. Einige der derzeit wichtigsten Ansätze zeigen wir jetzt.
Die meisten aktuellen batterieelektrischen Fahrzeuge (BEVs) nutzen den Lithium-Ionen-Akku (Li-Ion). Durch seine Energiedichte und den nichtvorhandenen Memory-Effekt ist er derzeit schlicht die beste Wahl – und wird außerdem laufend optimiert. Großmaßstäblicher betrachtet ist die Li-Ion-Technik allerdings nicht das Ende der Entwicklungskette. Denn sie hat ebenso einige Nachteile:
Zwar gab es schon erfolgreiche Versuche mit Li-Ion-Akkus aus komplett recycelten Rohstoffen. Mittel- bis Langfristig dürften mobile Energiespeicher auf andere Elemente setzen. Hierbei werden derzeit mehrere Herangehensweisen parallel entwickelt. Sie setzen beispielsweise auf Aluminium-Schwefel, Zink-Chitin, Natrium, Magnesium, Silizium oder Pyrit.
Je weniger ein Energiespeicher wiegt, desto weniger verbraucht ein ansonsten gleich konstruiertes Elektrofahrzeug – oder kann mehr zuladen. Gleichsam gibt es beträchtliche Fortschritte bei der Schnellladetechnik. Doch reduziert diese aus physikalischen Gründen langfristig die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Systemen.
Diese beiden Ansätze sind ebenfalls eine starke Triebfeder, um die bisherige Herangehensweise weiterzubringen. Diesbezüglich am weitesten in der Entwicklung vorangekommen durfte der Feststoffakku sein. Bei ihm wird der flüssige Elektrolyt gegen einen festen Stoff getauscht. Die Folge:
Für Elektrofahrzeuge mit gleichbleibendem Fahrprofil werden Feststoffakkus schon heute genutzt. Die ersten PKW werden gegen Ende des Jahrzehnts erwartet. Unter anderem Nissan arbeitet bereits an einem Wagen.
Langfristig wird jedoch hier ebenfalls eine Abkehr von Lithium-Ionen-Technik nötig sein. Vielversprechend ist die Natrium-Ionen-Batterie. Sie hat allerdings bislang noch eine deutlich niedrigere Energiedichte und ist daher noch nicht für automobile Anwendungen geeignet.
Einer der wesentlichen Kritikpunkte der E-Mobilität besteht darin, das Fahrzeug händisch mit einem Kabel verbinden zu müssen. Verglichen mit dem anderweitig sehr hohen Technisierungs- und digitalisierungsgrad von Ladesäulen und E-Fahrzeugen wirkt diese Handlung auf viele Menschen rückständig oder improvisiert.
Wohl löst sich derzeit die einstige verwirrend große Vielfalt der Stecker-Varianten auf. Es bleibt jedoch die Handlung an sich. Nicht nur ist es nötig, mit einem Kabel zu hantieren (und es mitunter immer wieder aufzurollen). Ebenso ist dieses System eine ständige Gefahr für
Ähnlich wie der Flüssigelektrolyt-Li-Ion-Akku dürfte daher auch das manuelle Ladekabel nur eine Brückentechnologie sein.
Wie der nächste Schritt wahrscheinlich aussehen wird, präsentierte jüngst Hersteller Hyundai. Dieses System nutzt Robotik, um den Stecker mithilfe eines sensorgesteuerten Armes in die Ladebuchse des Fahrzeugs einzuführen – und wieder zu entfernen. Mittelfristig dürfte diese Technik, wenigstens an öffentlichen Ladesäulen, die Mehrheit darstellen.
Allerdings: Realistisch ist aktuell keine Akku-Technologie absehbar, die sich in ein bis zwei Minuten aufladen lässt und es auf bis zu tausend Kilometer Reichweite bringt – wie es bei Verbrenner-PKW üblich ist. Andere Hersteller arbeiten deshalb an ebenfalls automatisierten Austauschsystemen. In diesem Fall würde also an einer Station das gesamte Akku-Pack gegen ein vollgeladenes ausgetauscht.
Technisch ist das kaum schwieriger als der Roboter-Arm. Die wahre Herausforderung besteht indes in einer fahrzeugmodell- oder noch besser herstellerübergreifenden Standardisierung. Bislang federführend ist hier der Hersteller Nio. Er plant derzeit für Deutschland mit gut drei Dutzend seiner „Power Swap Stations“ – allerdings nur für Fahrzeuge aus eigenem Haus.
Aufgrund einer insgesamt besseren Effizienz und einer einfacheren Steuerung werden mittlerweile fast ausschließlich Wechselstrommotoren in Elektrofahrzeugen eingesetzt – an diesem Quasi-Standard dürfte sich in absehbarer Zeit nichts mehr ändern.
Zwar wurde eine Wechselstrombatterie schon zur Praxistauglichkeit gebracht. Hinsichtlich ihrer Kapazität, Leistungsdichte und anderer Parameter sind solche Batterien jedoch noch viele Jahre der Entwicklung davon entfernt, für E-Mobilität geeignet zu sein.
Auf absehbare Zeit wird der Strom in Gleichstrombatterien gespeichert werden. Damit einher geht jedoch stets eine Notwendigkeit: Er muss zwingend in Wechselstrom umgewandelt werden, um für den Fahrzeugantrieb nutzbar zu sein. Dies geschieht in der Leistungselektronik. Dabei handelt es sich heute um ein sehr vielfältiges Bauteil:
Derzeit geht der Trend bei mehreren Herstellern, darunter ebenfalls Hyundai, zu Siliziumkarbid-MOSFET-Transistoren. Dies dient unter anderem dazu, 800-Volt Systeme zu gestatten. Sie können nicht zuletzt schneller geladen werden als die bisher eher üblichen Systeme mit höchstens 400 Volt.
Mittelfristig dürften 800 Volt der neue Standard werden. Längerfristig könnte jedoch mit der Entwicklung verbesserter Akkus noch mehr möglich sein.
Verbrennungsmotorbetriebene Fahrzeuge benötigen vergleichsweise viel Raum zur Unterbringung des Motors, des Getriebes und der verschiedenen Zusatzaggregate, etwa die äußeren Teile des Kühlsystems. Zwar nimmt bei Elektrofahrzeugen der Akku mehr Raum ein als ein traditioneller Tank – wenngleich er ungleich flacher ist. Umgekehrt ist jedoch der Antriebsstrang schon Mangels Getriebe deutlich kompakter.
Bislang allerdings schlägt sich diese Tatsache kaum in der architektonischen Komponente des Fahrzeugbaus nieder. Die Mehrheit selbst der 2023 und 2024 kommenden Modelle zeigt eine sehr konventionelle Optik mit verbrennertypisch langer Motorhaube. Einige besitzen sogar einen Kühlergrill, obwohl er nicht nötig wäre – mangels Wasserkühler.
Hauptsächlich bleibt es derzeit den Designstudien vorbehalten, zu demonstrieren, dass Elektrofahrzeuge vollkommen anders aussehen können. Erkennbar sind hier zwei Stoßrichtungen:
Warum derzeitige Elektrofahrzeuge konventionell aussehen, liegt primär daran, weil die Fahrzeughersteller möglichst wenige Wagnisse eingehen möchten. Solche Designs sind schlicht besser geeignet, um bisherige Besitzer von Verbrennerfahrzeugen zu einem Umstieg zu bewegen – weil sie weniger radikal ungewohnt aussehen.
Mittel- und Langfristig dürfte sich das jedoch ändern. Dann, wenn Elektroautos auf vielen Märkten wirklich Fuß gefasst haben. Schon in den finalen Jahren der 2020er dürfte es deshalb auf den Straßen deutlich mehr formensprachliche und somit optische Vielfalt geben – sowohl der futuristischen als auch konventionellen und nicht zuletzt der retrograden Art.