Robert Klatt
Die zunehmende Anzahl an Elektroautos belastet die Stromnetze stark. Eine Studie hat deshalb untersucht, mit welchen Maßnahmen man Blackouts verhindern kann.
Cambridge (U.S.A.). Die Neuzulassungen von Elektroautos haben in den vergangenen Jahren weltweit deutlich zugenommen. Als Reaktion auf den dadurch stak steigenden Strombedarf hat die Schweiz kürzlich als erstes Land angekündigt, dass bei einer Stromknappheit Fahrverbote für Elektroautos drohen. Wissenschaftler um Jessika Trancik vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben deshalb untersucht, wie eine Überlastung des Stromnetzes verhindert werden kann.
„Abhängig von den Lademustern eines elektrifizierten Transportsystems kann das Stromnetz zu bestimmten Zeiten Erzeugungs- und Verteilungsgrenzen erreichen, was möglicherweise zu Transformatorausfällen, Stromknappheit oder zu Abhängigkeit von teuren Spitzenkraftwerken zur Aufrechterhaltung der Versorgung führen kann.“
Neben dem höheren Gesamtstrombedarf durch den Ausbau der Elektromobilität ist auch die Energiewende problematisch. Die Produktion von erneuerbare Energie aus Sonnen- und Windkraft unterliegt größeren Schwankungen, die das Stromnetz zusätzlich belasten. Hinzukommt, dass die Stromspeichertechnologien noch nicht ausreichen, um in Zeiten mit hohen Produktionsmengen die überschüssige Energie zu speichern.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Cell Reports Physical Science ermittelten die Forscher zunächst den Energiebedarf der Elektroautos anhand einer Modellrechnung. Als Datenbasis nutzten sie anonymisierte Daten aus New York und Dallas, die die Uhrzeiten der Autofahrten an Werktagen enthielten.
Die Wissenschaftler konnten so ermitteln, dass die meisten Elektroautos nach der Arbeit der Fahrer zu Hause aufgeladen wird. Im selben Zeitraum nimmt der Strombedarf auch durch andere elektrische Geräte wie Fernseher und Klimaanlagen deutlich zu. Die bereits vorhandene Spitze im Stromverbrauch am frühen Abend wird durch die Elektroautos also noch erhöht.
Anschließend simulierten die Forscher unterschiedliche Szenarien, laut denen es am besten wäre, Elektroautos tagsüber während der Arbeit zu laden. Dies könnte die Spitze der Stromproduktion durch Photovoltaik abmildern und würde dafür sorgen, dass zu Hause deutlich weniger Strom aufgeladen werden muss. Zudem könnte eine Verlagerung der Ladezeiten in die Nacht die Spitze am frühen Abend reduzieren.
„Ich denke, eines der faszinierenden Dinge an diesen Ergebnissen ist, dass man durch strategisches Vorgehen viel physische Infrastruktur vermeiden kann, die man sonst benötigen würde.“
Die Wissenschaftler berechneten zudem, dass beim Aufladen am Arbeitsplatz bereits das langsame Laden (Level 1 mit 1,8 Kilowatt) ausreicht.
„Das Aufladen auf Level 1 am Arbeitsplatz hat den praktischen Vorteil, dass es billiger zu installieren ist und es den Arbeitsplätzen eventuell ermöglicht, schneller mehr Stationen einzurichten, sodass die Fahrer ihre Fahrzeuge nicht bewegen müssen, damit andere aufladen können.“
Cell Reports Physical Science, doi: 10.1016/j.xcrp.2023.101287