Dennis L.
Der Bau von Straßen ist ein aufwendiges Verfahren und mit den Jahren immer anspruchsvoller geworden. Das moderne Verkehrs- und Transportwesen beinhaltet nicht nur die Aufbringung einer Fahrbahn, sondern auch den Bau von Entwässerungsanlagen, Befestigungen, Leitungsverlegung und vieles mehr. Gleichzeitig sind moderne Straßen, besonders Stadtstraßen, auch Lebensraum des Menschen – ebenfalls ein wichtiger Aspekt, der bei den Planungen nicht fehlen darf.
Der Straßenbau blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits in der Bronzezeit, die zwischen 2600 bis 1800 vor Christus datiert wird, haben die Bewohner befestigte Wege für den Transport angelegt. Als älteste erhaltene Straße heutzutage gilt die Steinbruchstraße am Quarumsee in Ägypten. Viele Kilometer lang war etwas später eine Straße im damaligen assyrischen Reich. Es folgten prachtvolle Königs- und Prozessionsstraßen wie die zum sagenhaften Ischtar-Tor im einstigen Babylon unter dem Herrscher Nebukadnezar im Jahr 562 vor Christus. Mehrere Jahrhunderte später, mit der Ausdehnung des Römischen Reichs, war das erste weitreichende Straßennetz in Deutschland geboren. Damals und noch viel später hätten sich die Pioniere unter den Straßenbauingenieuren wohl nicht träumen lassen, was heutige Straßen auszeichnet: Hochfunktionale Verkehrswege, die vielfältigen Anforderungen entsprechen müssen.
Zu einer Straße gehört viel mehr als eine Fahrbahndecke. Was eine Straße kennzeichnet, wird unter dem Begriff Straßenkörper zusammengefasst: Untergrund, Unterbau und Straßendecke sowie Dämme, Entwässerungsanlagen, Stützmauern, Böschungen und Durchlässe. Auch Tunnel und Brücken werden zum Straßenkörper gezählt. Und nicht nur das: Ingenieure müssen bei ihren Planungen je nach Gegebenheit ebenfalls Fahrbahnen, Haltestellenbuchten, Parkplätze, Geh- und Radwege sowie Sicherheits- und Randstreifen berücksichtigen. Auch der Luftraum über dem Straßenkörper ist Teil einer öffentlichen Straße, genauso wie die Ausstattung derselben mit Verkehrszeichen und –anlagen sowie die Bepflanzung. Ziel des modernen Straßenbaus ist, unter wirtschaftlichen und umweltverträglichen Bedingungen allen Verkehrsteilnehmern sichere und dauerhafte Verkehrswege zur Verfügung zu stellen. Dabei verfolgen Bauingenieure den kompletten Lebenszyklus von Straßen, angefangen bei der Planung über die Ausführung und Überwachung der Baufortschritte bis hin zur Instandhaltung und Wartung.
Planung und Bau von Stadtstraßen in urbanen Zentren sind eine besondere Herausforderung für Bauingenieure, denn solche Bauvorhaben sind besonders komplex. Beginnend mit einem Linienentwurf muss die Verkehrsbelastung einer Strecke genauso beachtet werden wie das Unfallgeschehen vor Ort. Gleichzeitig prüfen Ingenieure Aspekte wie Umweltverträglichkeit, Verkehrssicherheit und Wirtschaftlichkeit. Hinzu kommen unzählige technische Belange, die Gegebenheiten vor Ort und noch viel mehr. Für eine umfassende Planung benötigt der Ingenieur zum Beispiel Informationen über
In Städten sind nicht nur die Anforderungen an den Straßenkörper, sondern auch an den Straßenraum hoch: Die Straße ist, anders als in der Vergangenheit, nicht mehr nur ein Verkehrsraum, auf dem sich Fahrzeuge und Personen fortbewegen, Güter befördert oder mit der Verkehrsströme gelenkt werden. Straßen sind gleichzeitig Lebens- und Aufenthaltsraum für die Bewohner – ein Aspekt, der nach und nach immer mehr Beachtung findet. Märkte, politische Diskussionsräume, künstlerische Darbieten finden vielfach auf oder entlang von Straßen statt. Darüber hinaus wirkt sich die Gestaltung von Stadtstraßen auch auf das Erscheinungsbild der Stadt aus. Die Verbesserung der Aufenthaltsqualität durch Grünanlagen, mehr Straßenbäume ohne die Infrastruktur zu beschädigen, Spielplätze und Fußgängerzonen gehört deshalb ebenfalls zu den Planungen von Stadtstraßen. Straßen sind also auch wertvolle Ressourcen zur Steigerung der Lebensqualität.
Dieser Wandel stellt Ingenieure vor Herausforderungen. Stadtstraßen und öffentliche Plätze müssen flexibler gestaltet werden, um den sich wandelnden Ansprüchen gerecht zu werden. Fragen, die sich daraus ableiten, sind zum Beispiel solche nach den Rahmenbedingungen, nach Kontexten, die beachtet werden müssen und welche Elemente für eine stärkere Durchmischung und Veränderbarkeit von Stadtstraßen benötigt wird. Dabei geht es auch um den Wechsel zwischen verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten, und auch darum, wie die gewünschte Förderung des ÖPNVs sowie des Fuß- und Radverkehrs in den Straßenbau integriert werden können.
Der Querschnitt einer Straße ist abhängig von baulichen und verkehrlichen Gegebenheiten, auch wirtschaftliche Faktoren spielen eine Rolle. In verschiedenen Regelwerken sind Ausführungen verschiedener Querschnitte definiert. Es sind Grundmaße, die Bauingenieure für jede Straßenkategorie einhalten müssen, um einen reibungslosen und sicheren Verkehrsfluss zu gewährleisten. Der Querschnitt einer Straße besteht aus folgenden Elementen (teilweise optional):
Normalerweise bestehen Straßen aus Materialien wie Pflaster, Beton und Asphalt. Unter dieser Oberfläche jedoch werden verschiedene Tragschichten benötigt. Diese Schicht dient dazu, die Kräfte, die durch das Verkehrsaufkommen entstehen, so weit abzufedern, damit es nicht zu Erdbewegungen unter der Fahrbahndecke kommt. Gleichzeitig bilden Tragschichten eine geeignete Unterlage für eine ebene Fahrbahn. Bevor also die Fahrbahndecke aufgebracht wird, wird ein Unterbau eingebaut. Die unterste Schicht besteht dabei normalerweise aus Schotter. Die Lücken innerhalb dieser groben Gesteinskörnung sorgen dafür, dass Wasser ausreichend Platz findet, damit es bei Frost nicht zu Schäden kommt.
Eine zweite Tragschicht besteht aus feinkörnigeren Mineralien, die mithilfe eines Bindemittels miteinander verbunden werden. Besteht das Bindemittel aus Bitumen, eignet sich die Tragschicht für eine Asphalt-Decke. Bei Zement als Bindemittel handelt es sich um eine hydraulisch gebundene Schicht, die für andere Fahrbahndecken geeignet sind. Wie dick eine Tragschicht sein muss, hängt auch davon ab, wie tragfähig und frostempfindlich der Untergrund ist und wie hoch das Verkehrsaufkommen bewertet wird. Insgesamt gibt es sieben Belastungsklassen. Die Fahrbahndecke ist meistens zweischichtig und besteht aus der Deckschicht und der Binderschicht. Letztere hat die Aufgabe, eventuelle Unebenheiten, die durch die Tragschicht nicht beseitigt worden sind, auszugleichen. Außerdem dient sie als Puffer für Verkehrsbelastungen. Bei Asphaltstraßen wird die Binderschicht durch Bitumen gebunden, bei Betonstraßen mit Zement. Ist ein Pflasterbelag geplant, bestehen Untergrund und Fugen meist aus festem Mörtel. Das ist jedoch noch lange nicht alles: Unter Stadtstraßen ziehen sich riesige Netze an Versorgungsleitungen – angefangen bei Wasser- und Abwasserleitungen sowie Gasleitungen, die sich meist direkt unter der Fahrbahn befinden. Die Hausanschlüsse liegen in unterschiedlichen Tiefen oft unter Geh- und Fußwegen.
Versteht man unter einer Straße heute eine Strecke aus Asphalt, Beton oder Pflaster, auf der sich Fahrzeuge von A nach B bewegen, gibt es bereits Konzepte, wie Straßen der Zukunft aussehen könnten. Unter anderen setzen sich Forscher mit Straßen auseinander, die sich künftig selbst „heilen“ können. Das bedeutet, dass in die Fahrbahnen winzige Kapseln mit „Reserve-Bitumen“ eingebracht werden, die bei starker Belastung platzen und Bitumen freigeben. Auch über Bakterien wird in diesem Zusammenhang nachgedacht. Außerdem soll die Straße der Zukunft über ein Sensor-System künftig mitdenken und Alarm auslösen können, wenn ihr Schäden drohen. Intelligente Autos als Schwarmintelligenz könnten dabei helfen. Außerdem überlegen Wissenschaftler an der Technischen Universität München, ob die Straßen der Zukunft auch gezielt Aufgaben übernehmen könnten. Zum Beispiel die Verbesserung des Klimas. Im Gespräch ist Titandioxid, eine Art Mehl mit photokatalytischer Wirkweise, das Schadstoffe in der Luft unschädlich machen kann. Und auch Feinstaub sollen Fahrbahnen in Zukunft den Kampf ansagen. Wieder andere Ansätze sprechen den Straßen in Zukunft die Eigenschaft zu, möglichweise als Energielieferant oder Wasserspeicher dienen zu können. Geforscht wird dazu in Aachen – und zwar mit Kunstharzen und –stoffen, Materialien, mit dem ein durchlässiger Belag geschaffen werden könnte, der zwar Wasser aufnimmt, aber trotzdem ausreichend stabil bleibt. Das bedeutet, dass nach starken Regenfällen keine Überflutungen auf den Fahrbahnen drohen. Und: Um Strom aus Sonnenenergie zu gewinnen, so heißt es, könnten künftig auch Straßen als Flächen für Photovoltaikanlagen dienen. Für Forscher und Ingenieure eine Herausforderung, so zu planen, dass auf den Sonnenstraßen auch gefahren werden kann, ohne dass die Photozellen beschädigt werden. Labormuster gibt es bereits.