Biologisches Material

Tote Spinne als Roboterbauteil verwendet

Robert Klatt

Hydrauliksystem einer toten Spinne als Roboterbauteil )ytisrevinU eciR(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Forscher haben eine tote Wolfsspinne als biologisches Material für einen Roboter verwendet
  • Die Gliedmaßen der Spinne dienen als natürlicher Greifer des Systems
  • Sie werden über das hydraulisches System des Tieres gesteuert, das über den Luftdruck kontrolliert werden kann

Forscher haben eine tote Spinne als „biologisches Material“ in einen Roboter integriert. Die Lebensdauer des biologischen Greifers liegt bei etwa 1.000 Betätigungszyklen.

Houston (U.S.A.). Die Wissenschaft orientiert sich bei der Entwicklung neuer Roboterfunktionen oft an der Natur. Forscher der Rice University sind nun noch einen Schritt weitergegangen, indem sie eine tote Spinne als Roboterbauteil verwendet haben. Das neue Forschungsgebiet bezeichnen sie als Necrobotics, um zu verdeutlichen, dass tote Bestandteile ehemaliger Lebewesen in Roboter integriert werden

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Advanced Science verwendet das Team um Daniel Preston die Gliedmaßen der toten Wolfsspinne als hydraulischen Greifer. Dies ist möglich, weil Spinnen im Gegensatz zu Säugetieren, die ihre Gliedmaßen über antagonistisch arbeitende Muskeln kontrollieren, ihre Beine über den Blutdruck und einen entgegengesetzt arbeitenden Beugemuskel strecken. Um den Druck zu steuern, verfügen Spinnen über einen Beugemuskel in der Nähe ihres Kopfes, die sie zusammenziehen können. Dadurch wird das Blut in die Beine gedrückt und die Gliedmaßen strecken sich.

Spinne als natürlicher Mini-Greifer

In ihrem Forschungsprojekt nutzen die Wissenschaftler diese Eigenschaft, um eine tote Wolfsspinne aus biologischen Mini-Greifer zu verwenden. „Zufällig ist es so, dass die Spinne nach ihrem Tod die perfekte Architektur für kleine, natürlich abgeleitete Greifer ist“, erklärt Daniel Preston. Um die Spinne in das System zu integrieren, ist nur ein Montageschritt nötig. Komplexe Herstellungsverfahren, die bei fluidisch angetriebene Aktoren anderer Roboter nötig sind, können dadurch eingespart werden.

Luft steuert hydraulisches System der Spinne

Der natürliche Mini-Greifer des Roboters wird über die Induktion von Luft in das hydraulische System der Spinne kontrolliert. Mit dem kleinen Greifer der verwendeten Wolfsspinne kann das 1,3-fache ihres Eigengewichts bewegt werden. Damit wird eine Kraft von 0,35 Millinewton aufgewendet. Dank der nachgiebigen Beine und haarähnlichen Strukturen, die wie ein Kleber wirken, kann der Greifer unterschiedliche Oberflächenstrukturen und Formen aufnehmen.

Bei anderen Spinnen ist die Greifkraft im Verhältnis zum Körpergewicht laut den Wissenschaftlern deutlich kleiner. Eine etwa 200 Gramm schwere Goliathspinne soll nur zehn Prozent ihres Körpergewichtes, also 20 Gramm, heben können. Besonders kleine Spinnen haben hingegen eine verhältnismäßig hohe Greifkraft und können bis zum 300-fachen ihres Körpergewichts heben.

Lebensdauer von 1.000 Betätigungszyklen

Die Lebensdauer des biologischen Greifers liegt bei mindestens 700 Betätigungszyklen. Nach rund 1.000 Betätigungszyklen kam es im Experiment zu ersten Rissen an den Gelenken. Verantwortlich dafür ist wahrscheinlich deren Austrocknung. Um die Lebensdauer zu erhöhen, wollen die Forscher die Spinne mit Bienenwachs überziehen, um die Austrocknung zu verlangsamen.

Forschung ethisch problematisch

In ihrer Publikation gehen die Autoren auch auf die ethischen Gesichtspunkte ihres Experiments ein. Sie schreiben dazu: „Das biotische Rohmaterial wurde durch Einschläfern einer Wolfsspinne gewonnen, die 5 bis 7 Tage lang der Gefriertemperatur (etwa -4 °C) ausgesetzt wurde. Die Forscher stellen fest, dass es in der Literatur derzeit keine klaren Richtlinien für die ethische Beschaffung und humane Euthanasie von Spinnen gibt.“

Trotz der ethischen Bedenken möchte die Wissenschaftler ihre Arbeit im Bereich der Necrobotics fortsetzen. Laut ihnen haben Insekten das größte necrobotische Potenzial. Sie wollen ihre Forschung deshalb unter anderem auf kleine Spinnenarbeiten ausweiten und Hochgeschwindigkeits-Gelenkbewegungen mithilfe von Peitschenskorpionen analysieren.

Advanced Science, doi: 10.1002/advs.202201174

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