D. Lenz
Ein neues Verfahren, welches Trinkwasser aus der Atmosphäre gewinnt, bietet nicht nur eine echte Alternative zur Meerwasserentsalzung, es benötigt auch erheblich weniger Energie als vergleichbare Methoden.
Haifa (Israel). Beim Begriff Süßwasserreservoir denken die meisten Menschen nicht direkt an die Atmosphäre. Dennoch besitzt sie in etwa 13.000 Kubikkilometer Wasser, was in etwa der Menge an Süßwasser auf der Erde – ohne Gletscher und Eis an den Polen – entspricht. Das in der Atmosphäre gespeicherte Wasser könnte viele Menschen mit lebenswichtigem Trinkwasser versorgen. Um das Wasser jedoch direkt aus der feuchten Luft zu kondensieren, wird bisher viel Energie für die Kühlung benötigt.
Eine neue Möglichkeit Trinkwasser aus der Atmosphäre zu gewinnen, schlagen nun israelische Wissenschaftler vor. Im Fachmagazin Environmental Science & Technology berichten sie von ihrer Methode, Kondenswasser nur noch aus reinem Wasserdampf zu gewinnen und nicht wie bisher aus feuchter Luft. Erste Berechnungen zeigen, dass für dieses Verfahren bis zu 65 Prozent weniger Energie benötigt werden.
„Die Luftfeuchtigkeit ist eine signifikante Trinkwasserquelle, die im Prinzip überall auf dem Planeten angezapft werden könnte“, erklärt David Broday vom Israel Institute of Technology Technion in Haifa. Die Trinkwassergewinnung aus der Atmosphäre ist vor allem für trockene Regionen, weitab von Meeren, eine interessante Möglichkeit, Zugang zu sauberem Wasser zu erhalten. Um den Energiebedarf beim Kühlen möglichst gering zu halten, möchten Broday und sein Team den Wasserdampf aus der Luft im Vorfeld mit einem Trocknungsmittel abrennen. Die Berechnungen zeigen, dass das Vorhaben erfolgreich sein könnte: Pro Liter Trinkwasser wäre nur eine drittel Kilowattstunde Strom für die Kühlung nötig.
Die Wissenschaftler gingen bei ihren Berechnungen von mindestens 30 Prozent Luftfeuchtigkeit aus. Ihr Verfahren zur Trinkwassergewinnung sieht vor, dass diese Luft in eine konzentrierte Lithiumchlorid-Lösung geblasen wird, die als hervorragendes Trocknungsmittel das Wasser aufnimmt. Wird dieses Lösung anschließend mit Sonnenlicht erwärmt, gibt sie ein Teil des absorbierten Wassers als reinen Wasserdampf wieder frei. Die Kühlanlage bräuchte dann lediglich den Wasserdampf bis unter den Taupunkt kühlen. Vergleicht man dieses Verfahren mit dem direkten Kühlungsverfahren der feuchten Luft, so lässt sich laut Berechnungen der Energiebedarf um rund Zweidrittel senken.
Mit den bereits erstellten Daten ließe sich eine Pilotanlage zur Trinkwassergewinnung aus feuchter Luft konstruieren. Versuche mit der Anlage müssten dann zeigen, ob der benötigte Energiebedarf tatsächlich mit denen aus den Berechnungen übereinstimmt.