Reaktion auf Energiekrise

Tschechien baut erstes Mini-Atomkraftwerk in Europa

Robert Klatt

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Auf den Punkt gebracht
  • In Tschechien entsteht der erste Small Modular Reactor (SMR) Europas
  • Das Mini-Atomkraftkwerk soll Tschechien  unabhängiger von Stromimporten machen und einige Kohle- und Heizkraftwerke ersetzen
  • Im neu gegründeten Nuklearpark Südböhmen soll außerdem ein Service-Zentrum für europäische Partner entstehen, die ebenfalls Atomkraftwerke auf Basis der SMR-Technik errichten wollen

In Tschechien entsteht Europas erster Small Modular Reactor (SMR). Das Mini-Atomkraftwerk soll das Land unabhängiger von Stromimporten machen und Kohle- und Heizkraftwerke ersetzen.

Temelín (Tschechien). Die Regierung der Region Südböhmen in der Tschechischen Republik hat angekündigt, in der ersten Hälfte des nächsten Jahrzehnts mit dem Energieunternehmen ČEZ ein Atomkraftwerk mit einem Small Modular Reactor (SMR) zu bauen. Das sogenannte Mini-Atomkraftwerk soll im neu gegründeten Nuklearpark Südböhmen am Atomkraftwerk Temelín entstehen. ČEZ, das auch das Atomkraftwerk Temelín betreibt, arbeitet mit GE Hitachi bereits seit 2020 an der Entwicklung der dafür nötigen Technik. Betrieben wird das Pilotprojekt von der ČEZ-Tochterfirma ÚJV.

In der Mitteilung der Lokalregierung von Südböhmen heißt es, dass die Arbeit an dem Projekt angesichts der Energiekrise in Europa deutlich beschleunigt wird. Weil das SMR auf dem Gebiet des Nuklearparks Südböhmen entsteht, gibt es bei der Planung, beim Bau und im Betrieb Synergieeffekte, weil das erforderliche Fachpersonal bereits vor Ort ist.

Small Modular Reactor (SMR) auch in Estland

Neben Tschechien hat auch Estland den Bau eines Small Modular Reactor (SMR) angekündigt. Laut der bereits 2021 veröffentlichten Details soll das Mini-Atomkraftwerk in Estland eine Leistung von unter 300 Megawatt (MW) erbringen. Außerdem werden aktuell Mini-Atomkraftwerke in China und Argentinien gebaut. In Betrieb befindet sich weltweit jedoch noch keine SMR.

Tschechien baut mehr Atomkraftwerke

Laut Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala wird das Land in Zukunft mehr auf Atomkraft setzen. Im Nuklearpark Südböhmen werden neben dem SMR deshalb noch zwei herkömmliche Reaktoren errichtet. Zudem arbeitet ČEZ an einem weiteren Reaktor in ČEZ. Wie Daniel Beneš, CEO von ČEZ erklärt, soll der Nuklearpark Südböhmen sich in Zukunft zu einem Service-Zentrum für europäische Partner entwickeln, die ebenfalls Atomkraftwerke auf Basis der SMR-Technik errichten wollen.

Laut Tomáš Pleskač, Chef der ČEZ-Abteilung für Atomkraft, sollen die ersten SMR bis 2030 in den kommerziellen Betrieb gehen. Das Ziel der kleinen Atomkrafte ist eine möglichst hohe Unabhängigkeit von Stromimporten und das Ersetzen von einigen Kohle- und Heizkraftwerken.

Zehntausende Atomkraftwerke nötig

Das deutsche Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) kritisiert die SMR-Technik hingegen, weil tausende bis zehntausende Atomkraftwerke dieses Typs nötig wären, um die elektrische Leistung bereitzustellen, zu können. Zudem sind Fragen zur Sicherheit, zum Rückbau und zur Zwischen- und Endlagerung bisher offen. Auch eine Studie der Stanford University sieht die kleinen Atomreaktoren kritisch, weil diese deutlich mehr Atommüll im Verhältnis zur Wärmeerzeugung produzieren.

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