Robert Klatt
Pflanzlicher Käse enthält bisher viele Zusatzstoffe. Dank einer uralten Technik können der Geschmack und die Textur von milchbasierten Käse ohne diese Zusätze nachgebildet werden.
Kopenhagen (Dänemark). In den letzten Jahren haben sich immer mehr Menschen dazu entschieden, auf Fleisch und andere tierische Produkte zu verzichten. Inzwischen existieren deshalb unterschiedliche Alternativen, etwa pflanzliche Joghurts, von denen laut einer Studie der University of Massachusetts manche bei der Nährstoffdichte Milchjoghurts übertreffen.
Überdies bieten verschiedene Unternehmen pflanzliche Käse an, der anstatt tierischer Milch auf proteinreichen Pflanzen wie Erbsen und Bohnen basiert. Um den Geschmack und die sensorischen Eigenschaften von milchbasierten Käse zu erreichen, sind aber bisher Zusatzstoffe wie Kokosöl, Stärke und Geschmacksstoffe nötig, weil Pflanzenproteine sich anders verhalten als Milchproteine.
Forscher der University of Copenhagen (KU) um Carmen Masiá haben nun einen Käse aus Gelb-Erbsen-Proteinen mit einer festen Textur und einem verbessertem Aromaprofil entwickelt. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Future Foods nutzten sie dazu den natürlichen Fermentationsprozess mit Bakterien, eine uralte Methode, die Menschen bereits seit Tausenden Jahren bei der Käseherstellung aus Milch verwenden.
„Fermentation ist ein unglaublich mächtiges Werkzeug, um Geschmack und Textur in pflanzlichem Käse zu entwickeln. In dieser Studie zeigen wir, dass Bakterien dazu dienen können, Festigkeit in Milchfrei-Käse in sehr kurzer Zeit zu entwickeln, während das bohnenartige Aroma von Gelb-Erbsen-Protein, welches als Haupt- und einzige Proteinquelle verwendet wird, reduziert wird.“
Die Ergebnisse bauen auf einer Studie aus dem Vorjahr auf, bei der die Forscher festgestellt haben, dass gelbe Erbsen eine gute Proteinbasis für die Produktion von pflanzlichem Käse sind. Die neue Studie hat untersucht, welche Kombination aus Bakterien das beste Ergebnis liefert.
„Der Hauptzweck dieser Studie war es, kommerziell verfügbare bakterielle Kulturen zu kombinieren, die für die Fermentation eines pflanzenbasierten Rohstoffs geeignet sind, und sie in einer Erbsenproteinmatrix zu testen, um sowohl Geschmack als auch Textur zu entwickeln, die für ein käseähnliches Produkt geeignet wären. Und obwohl einige bakterielle Kombinationen besser abschnitten als andere, haben alle tatsächlich feste Gelees erzeugt und die Bohnenähnlichkeit in den Proben reduziert.“
Um das Verhalten der bakteriellen Kombinationen zu untersuchen, „impften“ die Forscher eine Proteinbasis aus Gelb-Erbsen-Protein. Nach nur acht Stunden Inkubation war das Ergebnis enstand ein festes „käseartiges Gel“, das an einen frischen weichen Weißkäse erinnerte.
„Alle bakteriellen Mischungen produzierten feste Gelees, was bedeutet, dass man ein fermentationsinduziertes Gel erhalten kann, ohne notwendigerweise Stärke oder Kokosöl zur Basis hinzuzufügen. Aus aromatischer Sicht hatten wir zwei Ziele: Die Verbindungen zu reduzieren, die die Bohnenähnlichkeit ausmachen, und die Verbindungen zu fördern, die für die Käseähnlichkeit verantwortlich sind. Wir haben zwar beides erreicht, aber ich denke, dass es noch viel Raum für weitere Forschung gibt.“
Der Prozess der Fermentation wurde bereits in der Antike für die Herstellung von Bier, Wein, Brot, Joghurt und Käse verwendet. Es existieren etwa Funde aus Israel, laut denen Menschen bereits vor 13.000 Jahren die Fermentation zur Herstellung von Bier nutzten. Bei der Fermentation verändern Mikroorganismen, wie Bakterien, Hefe und Schimmel, Lebensmittel. Dabei sorgen die Mikroorganismen oft für einen neuen Geschmack oder eine andere Textur. Heute ist Fermentation ein fester Bestandteil der Lebensmittelproduktion und wird weltweit für die Herstellung einer Vielzahl von Lebensmitteln und Getränken eingesetzt.
„Wenn man bedenkt, dass pflanzliche Lebensmittel oft stark verarbeitet werden, um sie einem bestimmten Standard anzupassen, eröffnet die Fermentation neue Möglichkeiten. Sie ermöglicht es uns, ein natürliches Produkt mit minimaler Verarbeitung und einem deutlichen Geschmacksprofil zu erhalten, das dem Endverbraucher gefällt.“
Masiá betont, dass es noch lange dauern wird, bis pflanzlicher Käse auf Basis von Fermentation in den Handel kommen wird. Zuvor müssen noch bakterielle Kulturen entwickelt werden, die optimalen käseähnlichen Eigenschaften erzielen. Überdies muss der pflanzliche Käse möglicherweise über einen längeren Zeitraum reifen, damit er Geschmack und Charakter entwickelt, genauso wie Käse auf Milchbasis. Schließlich muss die neue Generation von fermentierten pflanzlichen Käsesorten von Verbrauchern bewertet werden, um den Geschmack zu perfektionieren.
„Das größte Problem momentan ist, dass es viele Menschen gibt, die gerne pflanzenbasierten Käse essen würden, aber mit dem Geschmack und dem Mundgefühl nicht zufrieden sind. Letztendlich bedeutet dies, dass es egal ist, wie nachhaltig, nahrhaft usw. ein Lebensmittel ist, wenn es beim Verzehr kein gutes Erlebnis bietet.“
Future Foods, doi: 10.1016/j.fufo.2023.100250