Robert Klatt
Ein in Deutschland entwickelter Mikrochip hat einen neuen Rekord in der drahtlosen Datenübertragung aufgestellt. Der Schaltkreis könnte wichtig für den kommenden 6G-Mobilfunkstandard sein.
Frankfurt (Oder) (Deutschland). Neue Anwendungen wie etwa autonomes Fahren oder die Automatisierung in der Industrie 4.0 brauchen immer drahtlose Datenübertragungstechniken, die praktisch in Echtzeit funktionieren und hohe Bandbreiten bieten. Die Wissenschaft arbeitet deshalb an der Nutzung höherer Frequenzen und der möglichst effizienten Ausnutzung der Bandbreiten. Zudem sind Mikrochips nötig, die die Daten senden und empfangen können.
Forscher des Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP) haben laut einer Publikation im IEEE Journal of Solid-State Circuits auf Basis von bipolaren Silizium-Germanium-Metalloxid-Transistoren (SiGe-BiCMOS) einen neuen Chip entwickelt, der Sender, Empfänger und On-Chip-Antennen vereint. Der neue Schaltkreis ist also speziell für die drahtlose Kommunikation konzipiert. Er kann Daten im hochfrequenten Wellenbereich zwischen 110 und 170 Gigahertz übertragen. Das sogenannte D-Band gilt es möglicher Frequenzbereich für den kommenden Mobilfunkstandard 6G, dessen Entwicklung Deutschland mit 700 Millionen Euro fördert.
Andrea Malignaggi vom IHP erklärt, dass der Mobilfunkstandard 6G eine völlig neue Technik benötigt.
„Um für den Mobilfunkbereich 6G realisieren zu können, brauchen wir eine ganz neue Architektur. Pikozellen sind ein Beispiel dafür. Diese Funkzellen sollen sehr hohe Datenraten über kurze Entfernungen ermöglichen, beispielsweise in Konferenzräumen oder im privaten Bereich, wenn Mobiltelefone, Fernseher und andere Geräte miteinander vernetzt sind.“
Laut Experimenten in der Antennenmesskammer des IHP hat der neu entwickelte Microchip einen neuen Weltrekord in der drahtlosen Datenübertragung aufgestellt. In der speziellen Kammer, in der keine ablenkende Strahlung existiert, wurden zwei Mikrochips in 15 Zentimeter Abstand montiert. Die Schaltung konnte Daten mit bis zu 200 Gigabit pro Sekunde übertragen. Der alte Weltrekord für die drahtlose Datenübertragung auf dem Jahr 2019 lag bei 120 Gigabit pro Sekunde.
Nun wollen die Forschern die integrierten Bauelemente und Schaltungsblöcke des Microchips weiterentwickeln und an der Integration weiterer Antennen arbeiten. Das Ziel ist die Kombination mehrerer Chips zu einem komplexen System, mit dem Daten über größere Entfernung ultraschnell übertragen werden können.
IEEE Journal of Solid-State Circuits, doi: 10.1109/JSSC.2022.3232948