Robert Klatt
Wetterabhängige erneuerbare Energiequelle stehen oft in der Kritik, weil sie die Stromnetze destabilisieren sollen. Eine Studie hat nun untersucht, ob der Ausbau der Wind- und Solarkraft tatsächlich zu mehr Blackouts führt.
Dublin (Irland). In Deutschland decken erneuerbare Energien, vor allem die Wind- und Solarkraft, bereits über die Hälfte des Stromverbrauchs. Kritiker der umweltfreundlichen Stromerzeugung sind jedoch der Ansicht, dass die schwankende Einspeisung die Stromnetze überlastet und bei extremen Wetterereignissen wie Stürmen einen Kollaps der Netze auslösen könnte. Diese Meinung vertritt auch Leonhard Birnbaum, der Chef von E.ON, dem größten Verteilnetzbetreiber in Deutschland, laut dem keine ausreichenden Kapazitäten für die Wind-, Wasser- und Solarkraft vorhanden sind.
Wissenschaftler des Trinity College Dublin und der University of Tennessee (UT) haben nun eine Studie publiziert, die anhand des Stromnetzes in den U.S.A. untersucht hat, wie erneuerbare Energien sich auf die Stabilität der Stromnetze auswirken.
„Stromnetzbetreiber betrachten diese wetterabhängigen Erneuerbaren daher gerne als Störfaktoren für die Regelung des Stromnetzes. Ein Mangel an Wissen über die tatsächlichen Auswirkungen wetterabhängiger Stromquellen auf Blackouts hat zu Zweifeln an ihrer Nützlichkeit und in einigen Fällen sogar zu einem Backlash gegen den Wind- und Solarenergie-Ausbau geführt.“
Laut den Wissenschaftlern gab es bereits mehrere Blackouts, die zumindest teilweise durch erneuerbare Energien verursacht wurden. Gründe dafür waren etwa Windkraftwerke und Solaranlagen, die bei Extremwettereignissen unerwartet ausgefallen sind. Ein Beispiel dafür ist ein Blitzeinschlag in einem Offshore-Windpark vor der britischen Küste, der 2019 einen umfassenden Stromausfall verursacht hat.
Um zu untersuchen, ob erneuerbare Energiequellen die Stromnetze generell destabilisieren und zu mehr Blackouts führen, haben die Forscher laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Energy Stromausfälle aus allen kontinentalen US-Bundesstaaten aus dem Zeitraum von 2001 bis 2020 analysiert. Dabei haben sie den Anteil der wetterabhängigen erneuerbaren Kraftwerke an der Gesamtstromproduktion, die Wetterbedingungen zum Zeitpunkt des Stromausfalls und die Größe des Blackouts erfasst.
Die Daten zeigen, dass in US-Bundesstaaten mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an Wind- und Solarkraft unterdurchschnittlich viele Blackouts aufgetreten sind.
„Obwohl Wind- und Solarenergie wetterabhängig und nicht schnell regelbar sind, zeigt unsere Studie keinen Beleg dafür, dass sie die Anfälligkeit von Stromnetzen für wetterabhängige Ereignisse erhöhen. Die Wahrscheinlichkeit für wetterbedingte Stromausfälle mit mehr als 50.000 betroffenen Stromkunden sinkt in solchen Netzen um mehr als 50 Prozent.“
In Stromnetzen, deren Energie zu einem überdurchschnittlich hohen Anteil aus Wind- und Solarkraft stammt, waren Blackouts zudem im Mittel weniger schwerwiegend als in US-Bundesstaaten mit einem unterdurchschnittlichen Anteil an wetterabhängigen erneuerbaren Energien.
„In den Blackout-Kategorien mit deutlichen Unterschieden zwischen den Stromnetzen sind es immer die stärker von Erneuerbaren geprägten Netze, bei denen weniger Nutzer betroffen sind, das Stromangebot weniger stark absinkt und der Stromausfall kürzer anhält.“
Wie die Forscher erklären, belastet die schwankende Stromproduktion durch Wind- und Solaranlagen die Stromnetze stärker als die gleichbleibende Stromproduktion durch Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke. Die Betreiber haben die Netze deshalb mit komplexen Steuersystemen ausgerüstet, die das Risiko für Stromausfälle reduzieren. Insgesamt nimmt die Stabilität der Stromnetze deshalb trotz der schwankenden Einspeisung der erneuerbaren Energien zu.
Nature Energy, doi: 10.1038/s41560-024-01657-w