Dennis L.
Zentralbanken auf der ganzen Welt erwägen die Einführung ihrer eigenen digitalen Währungen. Während China mit dem E-Yuan bereits das digitale Geld eingeführt hat, diskutieren die USA und Europa noch über die Einführung. Doch was bringt diese Währungsrevolution eigentlich für Vor- und Nachteile und was bedeutet dies für den Verbraucher?
Brüssel (Belgien). Der weltweite Trend zu bargeldlosen Transaktionen dürfte sich nach der Pandemie noch beschleunigt haben. Zwar wird immer noch ein hoher Prozentsatz der Transaktionen mit Bargeld abgewickelt, doch in den meisten Ländern ist in den letzten Jahren ein zunehmender Anstieg zu verzeichnen. In Schweden beispielsweise wurden Im Jahr 2018 nur noch rund 20 Prozent aller Transaktionen mit Bargeld abgewickelt, während in Südkorea sogar nur 14 Prozent der Transaktionen den physischen Austausch von Scheinen und Münzen beinhalteten.
Dies ist eine große Herausforderung für die Zentralbanken. Zum einen ist die Ausgabe von Währungen ihre wichtigste Funktion und auch die Kontrolle des bargeldlosen Zahlungsverkehrs gehört zu ihren Kernaufgaben. Auf der anderen Seite fällt diese Funktion aber zunehmend weg: Kryptowährungen wie Bitcoin oder Fintech-Produkte wie die schwedische Swish-App, die ausschließlich von Geschäftsbanken konzipiert wurde und Transaktionen über ein eigenes Clearinghouse abwickelt.
Mehrere große Zentralbanken prüfen daher derzeit die Einführung eigener digitaler Währungen. In China laufen bereits Versuche mit einem digitalen Yuan, dem sogenannten E-Yuan, mit dem man bereits hierzulande über yuanpay-group.de handeln kann. In den USA erwägen die Fed und der Kongress einen digitalen Dollar. Und auch die EZB scheint an der Schaffung einer solchen Währung interessiert zu sein. Es ist also wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis diese Währungen auch bei alltäglichen Transaktionen eine Rolle spielen werden.
Wenn heute Waren oder Dienstleistungen bezahlt werden, wird das Geld von einer Bank über einen Zahlungsdienstleister auf das Geschäftskonto eines Händlers überwiesen. Dabei fallen Verzögerungen und Gebühren an. Eine digitale Währung würde die Banken bei Transaktionen vollständig überflüssig machen - es wären also keine Bankkonten für Transaktionen erforderlich, sondern nur eine digitale Brieftasche, in der die Währung aufbewahrt wird. Diese bezeichnet man als Wallet und es gibt sie Beispielswiese in Form einer App.
Dieser internetbasierte Ansatz würde die Hürden für den Besitz eines Kontos verringern und mehr Menschen den Zugang zu formellen Finanzdienstleistungen ermöglichen. Derzeit haben beispielsweise etwa sieben Millionen Haushalte in den Vereinigten Staaten kein Bankkonto - die meisten von ihnen sind sozial benachteiligte Personen, die sich die oft hohen Kosten für traditionelle Bankdienstleistungen nicht leisten können. Ein digitaler Dollar könnte dieses Problem lösen.
Die Geschäftsbanken sind von der Idee einer digitalen Währung nicht gerade begeistert. „Die Vereinigten Staaten sollten keine digitale Zentralbankwährung einführen, nur weil sie es können“, kommentiert der US-Bankenverband.
Neben den bekannten Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum Ripple oder Stellar gibt es weltweit über 4.000 weitere digitale Coins, mit denen teilweise auch anonyme Zahlungen möglich sind. Bei einer DZBG wäre dies ausgeschlossen. Darüber hinaus gibt es aufgrund weiterer Innovationen in der Zahlungsbranche diverse andere digitale Zahlungsmittel, die bereits verfügbar sind oder zeitnah auf den Markt kommen werden. Dadurch könnte ein paralleles Zahlungssystem entstehen, welches nicht der Aufsicht der Zentralbanken unterliegt.
Die Transaktionen, welche die staatlichen virtuellen Währungssysteme nutzen, sind dezentralisiert und so angelegt, dass Vermittler vermieden werden. Dies soll es den Bürgern ermöglichen, Zahlungen zu tätigen, ohne Transaktionskosten zahlen zu müssen. Den Befürwortern dieses Systems zufolge könnten sogar Zahlungen vorgenommen werden, ohne sich um Wechselkurse der unterschiedlichen digitalen Währungen kümmern zu müssen. Viele Experten sehen in diesem Vorteil allerdings auch einen Nachteil, denn dies könnte zum Untergang des Banksystems führen.
Gleichzeitig passt der Gedanke, dass Zahlungen direkt über eine staatliche Stelle abgewickelt werden, aber kaum zu den Datenschutzkonzepten freier Gesellschaften. In China sieht man das anders; die chinesische Zentralbank sieht die unvermeidliche Transparenz sogar als Vorteil eines digitalen Yuan.
Ein digitaler Euro, ein digitaler US-Dollar oder der E-Yuan ist immer so viel Wert, wie es die Zentralbank bestimmt. In Europa wäre beispielsweise in digitaler Euro genauso viel wert wie eine Euromünze - also genau einen Euro. Dies ist der größte Vorteil digitaler Währungen gegenüber allen Kryptowährungen - die Stabilität.
Die Volatilität von Bitcoin und anderen Kryptowährungen unterscheidet sie stark von offiziellen digitalen Währungen. So hat der Bitcoin beispielsweise im vergangenen Jahr rund 250 Prozent an Wert gewonnen, ist dann aber um rund 40 Prozent abgestürzt. Die Schwankungen machen diesen und ähnliche Coins als Anlageinstrument interessant, als echtes Zahlungsmittel ist sie jedoch nicht geeignet, da sie nur schwer berechenbar und zu instabil sind.
Kryptowährungen, wie beispielsweise der Diem, sind an den Wert des US-Dollars gebunden und weisen daher keine hohe Volatilität auf. Das Ziel ist es, eine stabile, dem US-Dollar entsprechende Währung zu schaffen, die im internationalen Handel und als Absicherung gegen Währungsschwankungen verwendet werden kann. So eine Bindung lässt sich jedoch jederzeit auflösen. Ein solches Risiko besteht bei einer DZGB (digitales Zentralbankgeld) hingegen nicht.
Die Dezentralisierung und die Volatilität digitaler Währungen unterscheiden sich deutlich vom Ansatz der Zentralbanken. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass sich das DZGB an ihren bereits existierenden Konkurrenten orientieren könnten, zumindest technologisch. Denn wie bei den den Kryptowährungen auch, müssen alle Transaktionen gespeichert werden, damit ein potenzieller digitaler Euro nur einmal ausgegeben werden kann. Kryptowährungen haben dies bereits erfolgreich mit der Blockchain-Technologie umgesetzt. Dabei handelt es sich um ein unveränderliches System, das von überall her gelesen werden kann. Wahrscheinlich werden auch die Zentralbanken auf diese Technologie setzen, wahrscheinlich aber mit geschlossenen Systemen, bei denen sie die Gesamtaufsicht behalten.
Je nach konkreter Ausgestaltung des DZBG könnten Zentralbanken faktisch die Rolle einer Geschäftsbank übernehmen, bei der die Ersparnisse direkt eingezahlt werden würden. Eine Idee, die sich Kritiker des Bankensystems durchaus begrüßen. Welche Auswirkungen eine solche Transformation jedoch für den Finanzsektor hätte, ist nur schwer abzuschätzen.
Ein weiteres Problem ist die Wirtschaft kleiner Länder. Der digitale Dollar könnte in anderen Ländern als Zahlungsmittel akzeptiert werden und im Wesentlichen die weniger stabile Landeswährung ersetzen. Dies würde die lokalen Zentralbanken der Möglichkeit berauben, die Geldmenge zu kontrollieren - mit potenziell negativen Folgen für die Wirtschaft.