Robert Klatt
In der Antarktis wurde ein 2.800 Meter langer Eisbohrkern geborgen. Die Probe ermöglicht einen lückenlosen Rückblick auf 1,2 Millionen Jahre Klimageschichte der Erde.
Bremerhaven (Deutschland). Eisbohrkerne liefern der Wissenschaft wichtige Informationen über die Klimageschichte der Erde, etwa über die Zunahme der CO₂-Konzentration in den letzten 50.000 Jahren. Den bisher längsten, lückenlosen Eisbohrkern haben Forscher des Projekts EPICA vor etwa 20 Kahren in der Antarktis gewonnen. Die Probe ermöglicht es, das Klima der vergangenen 800.000 Jahre zu rekonstruieren.
Nun haben Wissenschaftler des Nachfolgeprojekts Beyond EPICA (PDF), an dem sich auch das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) beteiligt hat, einen noch deutlich älteren Eisbohrkern geborgen, der rund 1,2 Millionen Jahre in der Klimageschichte der Erde zurückgeht.
„Dies markiert einen historischen Moment für die Klima- und Umweltwissenschaft. Dies ist die längste kontinuierliche Aufzeichnung unseres vergangenen Klimas aus einem Eiskern.“
Der 2.800 Meter lange Eisbohrkern wurde aus dem Eispanzer am Dome C entnommen, der sich auf dem antarktischen Plateau, einem der kältesten Regionen des Planeten, befindet. Im Sommer liegt die Mitteltemperatur am Dome C lediglich bei minus 35 Grad Celsius. Um eine geeignete Bohrstelle zu identifizieren und den Bohrkern zu entnehmen, mussten die Forscher über 200 Tage in der Arktis bleiben.
„Die Identifizierung des richtigen Ortes in der ersten Phase von Beyond EPICA mit modernsten Radio-Echolot-Technologien und der Modellierung des Gletscherflusses hat hervorragend geklappt. Es ist faszinierend, dass wir jetzt genau dort Eis im Alter zwischen 800.000 und 1,2 Millionen Jahren erbohren konnten, wo wir es aufgrund unserer Vorerkundungen vorhergesagt hatten.“
Wie die Forscher erklären, liefert der Eisbohrkern erstmals Klimadaten der vergangenen 1,2 Millionen Jahre. Die Wissenschaftler kann somit eine für die Klimageschichte entscheidende Zeit untersuchen, in der die Abfolge der Eiszeiten von etwa 41.000 Jahren auf etwa 100.000 Jahre andauernde Intervalle wechselte. Wieso es dazu kam, ist bis heute eine der größten Fragen der Klimageschichte.
„Die vorläufigen Analysen von Little Dome C deuten stark darauf hin, dass die obersten 2.480 Meter eine Klimaaufzeichnung enthalten, die bis zu 1,2 Millionen Jahre zurückreicht, und zwar in einer hochauflösenden Aufzeichnung, bei der bis zu 13.000 Jahre in einem Meter Eis komprimiert sind.“
Forscher erhoffen sich, dass der neue Eisbohrkern dabei helfen kann, den Taktwechsel der Eiszeiten zu erklären. Bevor die Analysen stattfinden können, muss der 2.800 Meter lange Eisbohrkern jedoch erst aus der Antarktis nach Europa transportiert werden. Dazu nutzt Beyond EPICA einen speziell entwickelten Kühlcontainer, dessen Temperatur bei minus 50 Grad Celsius bleibt.
„Wenn die Kerne im Frühsommer am AWI zur weiteren Bearbeitung in unserem Eislabor in Bremerhaven eintreffen, werden wir gemeinsam sicher noch viele spannende ungeplante Entdeckungen machen.“