Robert Klatt
Moderne Wettersatelliten mit verbesserten Sensorkapazitäten haben zwei Rekordblitze über Brasilien und Argentinien aufgezeichnet.
Genf (Schweiz). Blitze gehören zu den interessanten Objekten der Meteorologie. Die spektakulären Wetterphänomene können bei ihren grell leuchtenden Entladungen bis zu eine Milliarde Volt freisetzen und in ihrem Blitzkanal Ströme von bis zu 100.000 Ampere fließen lassen. Dies heizt die umgebende Luft auf bis zu 30.000 Grad Celsius auf und kann sogar Antimaterie und energiereiche Gammastrahlen freisetzen.
Beobachtet werden Blitze inzwischen vor allem aus dem Weltraum mithilfe von speziellen Blitzsensoren, die in Wettersatelliten verbaut sind. Inzwischen lassen sich Blitzeinschläge außerdem mit einer künstlichen Intelligenz auf Basis von Wetterdaten bis zu 30 Minuten im Voraus prognostizieren. Am häufigsten kommt es zu Blitzen über einem See in Venezuela. Aufzeichnungen belegen dort bis zu 65 Blitze pro Tag. In Mitteleuropa gehört das Alpenvorland zu den lokalen Blitz-Hotspots.
Neben der bloßen Anzahl der Blitze ermöglichen moderne Wettersatelliten auch die Messung der Dauer und Länge. Es ist so möglich besonders energiereiche Mega-Blitze aufzuspüren, die deutlich länger anhalten und sich weiter ausbreiten als normale Blitze. Laut Michael Peterson von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) „erlauben die Verbesserungen unserer weltraumgestützten Sensorkapazitäten es nun, zuvor unbeobachtete Blitzextreme zu detektieren.“ Gemeint sind damit Mega-Blitze von über 100 Kilometer Länge.
Laut einer Veröffentlichung im Fachmagazin Geophysical Research Letters konnten die Wissenschaftler um Peterson bei der Analyse von Blitzdaten von vier Satelliten zwei neue Rekord-Blitze über Brasilien und Argentinien entdeckten.
Der längste jeweils aufgezeichnete Blitze entlud sich demnach am 31. Oktober 2018 über dem Süden Brasiliens. Seine Länge betrug 709,8 Kilometer, dies entspricht etwa der Distanz zwischen London und Basel. Der bisherige Rekordhalter aus dem Jahr 2007 überspannte über dem US-Bundesstaat Oklahoma eine Distanz von 321 Kilometer.
Zusätzlich enthielten die Daten einen zweiten Rekord-Blitz, dessen Dauer 16,73 Sekunden betrug. Dies entlud sich am 4. März 2019 über dem Norden Argentiniens. Der vorherige Rekord-Dauerblitz vom über dem Südosten Frankreichs konnte es nur auf eine Länge von 7,74 Sekunden bringen.
Randall Cerveny von der WMO erklärt, dass „diese außergewöhnliche Rekordwerte für Einzelblitz-Ereignisse sind, die lebende Beispiele dafür sind, wozu die Natur fähig ist.“ Laut Cerveny „ist es jedoch wahrscheinlich, dass sogar noch größere Extreme existieren, die beobachtet werden können, wenn die Blitzsensoren noch besser werden.“
Laut den Wissenschaftlern zeigen die nun dokumentierten Rekord-Blitze die hohe Gefahr, die selbst von vermeintlich weit entfernten Gewittern ausgehen kann. Sie empfehlen daher selbst dann in einem Gebäude oder Auto Schutz zu suchen, wenn zwischen dem Blitz und dem Donner noch 30 Sekunden Zeitabstand liegen.
Geophysical Research Letters, doi: 10.1029/2020GL088888