Personennahverkehr (ÖPNV)

9-Euro-Ticket hat keine Klimaschutzwirkung

Robert Klatt

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Auf den Punkt gebracht
  • Das bundesweite 9-Euro-Ticket für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hat seine Ziele laut mehreren Studien verfehlt
  • Viele Menschen fuhren häufiger Bus und Bahn, verzichteten aber nicht auf Autofahrten
  • Das Ticket verursachte also vor allem zusätzliches Verkehrsaufkommen und verringerte die CO₂-Emissionen kaum

Das 9-Euro-Ticket hat seine Ziele laut mehreren Studien verfehlt. Auf Fahrten mit dem Auto haben wegen des bundesweiten Tickets für Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kaum Menschen verzichtet.

Berlin (Deutschland). Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) bezeichnet das bundesweite 9-Euro-Ticket im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) etwa zwei Monate nach dem Projektstart als Erfolg. Zwischenergebnisse wissenschaftlicher Studien deuten hingegen darauf hin, dass die Sonderfahrtkarte ihre Ziele, darunter die Entlastung der Verbraucher, eine positive Klimaschutzwirkung und ein besseres Image für Busse und Bahnen nur teilweise erfüllen konnte.

„Viele der aktuellen Daten muss man mit Vorsicht genießen. Das, was vorliegt, sind allerdings sehr alarmierende Daten. Es deutet darauf hin, dass mit dem 9-Euro-Ticket mehr Verkehr erzeugt und vor allem kaum verlagert wird. Es deutet sich an, dass wir hier keinen klaren Klimavorteil mit dieser Aktion haben“, erklärt Philipp Kosok, Projektleiter Öffentlicher Verkehr des Interessenverbands Agora Verkehrswende. Es ist demnach wahrscheinlich, dass das 9-Euro sich nicht positiv auf den Klimawandel auswirkt.

Kaum Verzicht auf Autos

Eine Umfrage des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sowie eine Studie im Großraum München zeigen, dass lediglich ein kleiner Teil der Deutschen (3 %) aufgrund des 9-Euro-Tickets mit dem ÖPNV anstatt mit dem eigenen Auto fährt.

Zusätzliche Fahrten im Öffentlichen Personennahverkehr

„Das Ticket führt zu einer höheren Nutzung des Öffentlichen Verkehrs, aber vor allem selektiv auf bestimmten Strecken, sogar so weit, dass dort der Verkehr zusammenbricht“, erklärt Christian Böttger, Bahn-Experte an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW). Dies bestätigt auch eine Analyse von Mobilfunkdaten des Statistischen Bundesamts (Destatis), die Anfang Juli 2022 durchgeführt wurde und laut der Bewegungen im bundesweiten Schienenverkehr im Schnitt 42 Prozent höher waren als im Jahr 2019.

Wie der VDV ermittelt hat, hätte etwa ein Viertel der Fahrten im ÖPNV ohne das 9-Euro-Ticket nicht stattgefunden. Das Ticket sorgt also hauptsächlich für zusätzliche Fahrten, ersetzt Fahrten mit dem Auto aber kaum. „Aus den bisherigen Untersuchungen lässt sich nur ein leichter Verlagerungseffekt von der Straße auf den Öffentlichen Verkehr von bestenfalls zwei bis drei Prozent erkennen“, konstatiert Böttger.

Dämpfende Wirkung auf den Straßenverkehr in München

Die im Großraum München durchgeführte Studie hat größtenteils ähnliche Ergebnisse. Sie basiert auf Bewegungsdaten Hunderter Teilnehmer, von denen seit der Einführung des 9-Euro-Tickets rund ein Drittel (35 %) häufiger Bus und Bahn fährt. Das eigene Auto nutzen hingegen nur drei Prozent der Probanden weniger. Trotzdem hat das günstige Ticket für den ÖPNV eine dämpfende Wirkung auf den Straßenverkehr in München. Im Juni 2022 ging dieser leicht zurück, anstatt wie normal im Sommer zuzunehmen.

Verkehrs des Unternehmens TomTom belegen ebenfalls, dass in den Großstädten Deutschlands in der ersten Phase des 9-Euro-Tickets die Staus zurückgingen. Klaus Bogenberger von der TU München zieht deshalb ein positives Zwischenfazit. „Das wichtige Ergebnis ist: Viele haben die öffentlichen Verkehrsmittel in ihren Alltag integriert“, konstatiert der Leiter der Münchner Studie.

Höherer Ticketpreis möglich

Wissenschaftler der TU Dresden um Jan Christian analysierten primär die Preissensibilität bei möglichen Nachfolgeangeboten des 9-Euro-Tickets. Laut ihnen war neben dem Preis vor allem die Einfachheit des Angebots entscheidend für den hohen Absatz. Zudem erklärten viele Nutzer, dass sie den ÖPNV einmal ausprobieren wollen. Laut der Befragung in Dresden könnte der Ticketpreis bei einem Nachfolgeangebot höher ausfallen. Die meisten Teilnehmer nannten einen Preis zwischen 60 und 90 Euro.

Laut den Forscher ist der Preis jedoch nicht entscheidend für den langfristigen Erfolg der Verkehrswende. „Wenn wir wirklich stabiles Wachstum wollen im öffentlichen Verkehr, dann müssen wir vor allem die Kapazitäten entsprechend erweitern. Was wir gesehen haben, ist, dass das System wirklich am Anschlag ist“, so Böttger. Beim Aus- und Neubau des Eisenbahnverkehrs besteht laut dem Wissenschaftler ein Investitionsstau von etwa 150 Milliarden Euro. „Die Regierung ist weit, weit davon entfernt, diese Investitionen bereitzustellen“, erklärt Böttger.

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