Robert Klatt
Autopflegeprodukte sind eine überraschend große Quelle für fahrzeugbedingte Schadstoffe. Besonders Ethanol und Methanol gelangen in großen Mengen in die Umwelt.
York (England). Bei Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen im Straßenverkehr liegt der Fokus auf den CO₂-Emissionen und dem Feinstaub der Fahrzeuge. Ein wesentlicher Bestandteil des Schadstoffausstoßes sind zudem flüchtigen organischen Verbindungen (FOV), eine Gruppe kohlenstoffhaltiger Moleküle, die leicht verdampfen und zur Bildung von Ozon beitragen. Die FOVs stammen teilweise aus den Abgasen der Autos.
Die National Inventory of Manufacturer Statistics des Vereinigten Königreichs (UK) geht jedoch davon aus, dass Autopflegeprodukte sogar eine größere Quelle für FOVs sein könnten als Abgase. Experimentell untersucht wurde diese Annahmen bisher aber nicht.
Wissenschaftler der University of York haben deshalb die Mengen an verdampften Inhaltsstoffen der Scheibenwaschflüssigkeit von Autos auf einer realen Straße untersucht. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Environmental Science & Technology wurde dazu ein Lieferwagen mit mehreren Messinstrumenten ausgestattet, darunter ein Massenspektrometer.
Das Fahrzeug parkten die Forscher in der Nähe einer stark befahrenen Straße. Indem sie die Messungen des Lieferwagens mit denjenigen von einem universitären Standort mit minimaler Verkehrsbeeinflussung verglichen, berechneten sie die durchschnittliche Menge an abgegebenem Dampf pro Auto für jede gefahrene Kilometerstrecke für mehrere wesentliche FOVs.
Die gemessenen Werte entsprachen den Inventarschätzungen für aromatische Verbindungen, die üblicherweise überwacht und reguliert werden. Die Werte für Alkohole, wichtige Bestandteile der Scheibenwaschflüssigkeit, übertrafen jedoch bei weitem die Inventarzahlen. Tatsächlich war die Freisetzung von zwei Alkoholen, Ethanol und Methanol, fast doppelt so hoch wie die Menge aller in Abgasen freigesetzten FOVs.
Die Diskrepanz bei den Alkoholemissionen könnte durch die Einbeziehung von Lösungsmitteln aus Autopflegeprodukten in die Inventarschätzungen erklärt werden. Dies deutet darauf hin, dass diese Produkte eine bedeutende, wenn auch unerwartete, Quelle für fahrzeugbedingte Schadstoffe darstellen. Die Forscher weisen darauf hin, dass diese Erkenntnis Auswirkungen auf zukünftige Regulierungsrichtlinien haben könnte, insbesondere im Zuge des Übergangs zu Elektroautos, die möglicherweise weniger Emissionen aus Kraftstoffen aufweisen, aber dennoch saubere Windschutzscheiben benötigen werden.
Environmental Science & Technology, doi: 10.1021/acs.est.3c00845