Ökologischer Fußabdruck

CO₂-Emissionen von Reichen werden stark unterschätzt

 Robert Klatt

Reiche Frau erzeugt hohe CO₂-Emissionen mit Privatjet )kcotS ebodAsedmaerd(Foto: © 

Reiche verursachen überdurchschnittlich hohe CO₂-Emissionen und beschleunigen dadurch den Klimawandel. Ihr ökologischer Fußabdruck wird aber oft stark unterschätzt.

Cambridge (England). Die Wissenschaft hat in den letzten Jahren eine Vielzahl an Studien publiziert, laut denen Reiche überdurchschnittlich hohe CO₂-Emissionen verursachen und somit durch ihren extremen Luxus den Klimawandel beschleunigen. Eine Studie der University of Cambridge hat nun untersucht, wie wohlhabende und wie arme Menschen ihren ökologischen Fußabdruck einschätzen.

Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Climate Change zeigt die Befragung von rund 4.000 Menschen aus vier Ländern, dass die meisten Menschen falsch beurteilen, wie stark sich die CO₂-Emissionen von reichen und von armen Menschen unterscheiden. Reiche unterschätzen demnach ihre CO₂-Emissionen oft, während Arme ihre CO₂-Emissionen meisten überschätzen.

"Es gibt definitiv Gruppen, welche die Verantwortung für die Verringerung der Kohlenstoffemissionen von den Unternehmen auf den Einzelnen abwälzen wollen, was problematisch. Persönliche CO2-Fußabdrücke können jedoch die tiefgreifenden Ungleichheiten innerhalb und zwischen den Ländern veranschaulichen und den Menschen helfen zu erkennen, wie sie klimafreundlicher leben können.“

Umfrage in Dänemark, Indien, Nigeria und den U.S.A.

Um ein möglichst umfassendes Meinungsbild abfragen zu können, haben die Forscher jeweils rund 1.000 Personen aus Dänemark, Indien, Nigeria und den U.S.A. interviewt. Die Länder wurden ausgewählt, weil sich ihre durchschnittlichen CO₂-Emissionen pro Person stark unterscheiden und weil es bei ihnen große Differenz zwischen den CO₂-Emissionen von armen und wohlhabenden Bevölkerungsschichten gibt.

Die Umfrageteilnehmer haben geschätzt, wie hoch die individuellen CO₂-Emissionen einer Person aus dem obersten ein Prozent, den obersten zehn Prozent und den unteren 50 Prozent aus ihrem jeweiligen Land ist. Laut den Antworten überschätzen die meisten Menschen die CO₂-Emissionen der unteren 50 Prozent und unterschätzen die CO₂-Emissionen der wohlhabendsten ein und zehn Prozent der Bevölkerung. Die Antworten zeigen zudem, dass politisch eher rechts eingestellte Menschen die enorme Differenz der CO₂-Emissionen von reichen und armen Menschen am stärksten unterschätzten.

CO₂-Emissionen nach Einkommensgruppen in Tonnen

Einkommensgruppe Dänemark Indien Nigeria U.S.A
Untere 50 % 6,0 1,0 0,9 9,7
Höchste 10 % 29,7 8,8 4,4 74,7
Höchste 1 % 93,1 32,4 9,2 269,3
Landesdurchschnitt 10,9 2,2 1,6 21,1

Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen

Die Umfrage hat zudem untersucht, welche Einstellung die unterschiedlichen Einkommensgruppen zu Klimaschutzmaßnahmen und zur Klimagerechtigkeit haben. Laut den Antworten sprechen sich Personen, die die Ungleichheit der CO₂-Emissionen von reichen und armen Menschen stark unterschätzen, meistens auch gegen Klimaschutzmaßnahmen aus. Es gibt hierbei jedoch aus Ausnahmen. In Indien befürworten die Menschen mit den höchsten zehn Prozent der Einkommen etwa Klimaschutzmaßnahmen überdurchschnittlich oft. Laut den Forschern könnte dies an ihrem hohen Bildungsstand liegen.

„Ärmere Menschen haben unmittelbarere Sorgen, etwa wie sie ihre Miete bezahlen oder ihre Familien unterstützen können. Aber quer durch alle Einkommensgruppen wünschen sich die Menschen echte Lösungen für die Klimakrise, egal ob es sich dabei um rechtliche oder technische Maßnahmen handelt. Die Menschen mit dem größten CO₂-Fußabdruck tragen jedoch die größte Verantwortung dafür, ihren Lebensstil zu ändern und ihren Fußabdruck zu verringern.“

Faire Verteilung der CO₂-Emissionen?

Anschließend haben die Wissenschaftler die Probanden über die tatsächlichen CO₂-Emissionen der unterschiedlichen Einkommensgruppen in ihren jeweiligen Ländern informiert und sie dazu befragt, ob sie diese Verteilung als fair empfinden. Ein Großteil der Menschen, vor allem in den U.S.A. und in Dänemark, war der Ansicht, dass die Verteilung unfair ist. Ein Großteil der höchsten zehn Prozent der Einkommen empfindet die Verteilung jedoch als fairer als Menschen mit einem geringeren Einkommen.

„Das könnte daran liegen, dass sie versuchen, ihren größeren CO2-Fußabdruck zu rechtfertigen. Diese Länder sind sehr unterschiedlich, aber wir haben festgestellt, dass die Reichen überall ziemlich ähnlich sind und dass ihre Sorgen anders sind als die der übrigen Gesellschaft.“

Laut den Wissenschaftler heben die Ergebnisse hervor, wie stark die individuelle Wahrnehmung der CO₂-Emissionen mit den eigenen politischen Ansichten zum Klimaschutz verknüpft sind und wie schwer es ist, die eigenen CO₂-Emissionen und die ungleiche Verteilung der CO₂-Emissionen genau einzuschätzen.

„Aufgrund ihres größeren finanziellen und politischen Einflusses spiegeln die meisten klimapolitischen Maßnahmen die Interessen der Reichsten in der Gesellschaft wider und beinhalten nur selten grundlegende Änderungen ihres Lebensstils oder ihres sozialen Status."

„Eine stärkere Sensibilisierung und Diskussion über die bestehenden Ungleichheiten beim persönlichen Kohlenstoff-Fußabdruck kann dazu beitragen, politischen Druck aufzubauen, um diese Ungleichheiten zu beseitigen und Klimalösungen zu entwickeln, die allen zugutekommen.“

Nature Climate Change, doi: 10.1038/s41558-024-02130-y

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