Robert Klatt
Elektroautos gelten als klima- und umweltfreundlicher als Verbrenner. In der Produktion entstehen jedoch „versteckte“ Emissionen, die bisher kaum beachtet wurden.
Princeton (U.S.A.). Die Elektroautoproduktion verursacht höhere CO₂-Emissionen als die Herstellung eines vergleichbaren Verbrenners. Laut einer Ökobilanzstudie des Vereins Deutscher Ingenieure e. V. (VDI) wird dieser „CO₂-Rucksack“ über die Lebensdauer des Autos jedoch mehr als ausgeglichen. Elektroautos gelten deshalb als deutlich klima- und umweltfreundlicher als Benziner und Diesel.
Forscher der Princeton University haben nun eine Studie publiziert, die die versteckten Emissionen der Elektroautoproduktion untersucht hat. Laut der Publikation im Fachmagazin Environmental Science & Technology könnte die Produktion von Batterien für Elektroautos die Emission von Schwefeldioxid (SO₂) erheblich steigern und damit die lokale Umwelt belasten.
„Viele Diskussionen über Elektrofahrzeuge konzentrieren sich auf die Minimierung von Emissionen aus dem Verkehrs- und Energiesektor. Wir zeigen jedoch, dass die Auswirkungen von Elektrofahrzeugen nicht bei den Emissionen aus dem Auspuff oder der Stromerzeugung enden. Es geht auch um die gesamte Lieferkette.“
SO₂-Emissionen sind problematisch, weil die Substanz Feinstaubpartikel bildet, die das Risiko für unterschiedliche Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen erhöhen.
Die Studie hat sich auf China und Indien konzentriert. Wenn diese Länder eine vollständige Inlandsproduktion für Elektroautos aufbauen würden, würden die nationalen SO₂-Emissionen deutlich zunehmen (+ 20 %). Ein Großteil der SO₂-Emissionen entfällt auf die Raffinierung und Produktion von Nickel und Kobalt, zwei Komponenten für Elektrofahrzeugbatterien.
Laut den Forschern zeigt dies, dass strenge Luftverschmutzungsstandards für die Batterieherstellung notwendig sind, um eine starke Luftverschmutzung durch die Elektroautoproduktion zu verhindern. Es ist zudem sinnvoll, alternative Batterietechnologien zu fördern, deren Produktion weniger SO₂-Emissionen freisetzt.
„Wenn man jede saubere Energietechnologie tief genug analysiert, stößt man auf Herausforderungen oder Kompromisse. Das Vorhandensein solcher Kompromisse bedeutet nicht, dass wir die Energiewende stoppen sollten, aber wir müssen proaktiv handeln, um diese Kompromisse so weit wie möglich zu minimieren.“
Indien und China befinden sich aktuell bei der Elektromobilität in unterschiedlichen Entwicklungsphasen. In China existieren bereits inländische Lieferketten für Elektroautos, während die Lieferkettenentwicklung in Indien noch aufgebaut wird. Laut den Forschern sollten die beiden Länder deshalb unterschiedliche Strategien verfolgen, um ihre SO₂-Emissionen zu reduzieren.
„China muss darüber nachdenken, wie es eine bereits bestehende Lieferkette sauberer machen kann, während Indien die Chance hat, von Grund auf eine bessere Lieferkette aufzubauen. Beide Situationen bringen ihre eigenen Herausforderungen und Möglichkeiten mit sich.“
Indien sollte demnach die Emissionen des Energiesektors reduzieren, etwa durch strenge SO₂-Kontrollmaßnahmen für Kohlekraftwerke. In China gibt es bereits entsprechende Emissionskontrollen im Energiesektor. Der Fokus bei der Reduzierung der SO₂-Emissionen sollte deshalb direkt auf der Batterieproduktion liegen. Insgesamt erklären die Forscher, dass „grüner“ Strom nur einen minimalen Einfluss auf die SO₂-Emissionen hat. Diese können nur durch Verbesserungen im Herstellungsprozess der Batterien stark reduziert werden.
„Viele Menschen nehmen an, dass der Übergang zu einer grüneren Technologie immer ein Gewinn für Klima und Luftqualität ist. Doch ohne die Herstellung zu berücksichtigen, könnte man zwar Kohlenstoff- und Stickoxidemissionen senken, gleichzeitig aber die Belastung durch Luftverschmutzung für die Anwohner von Produktionsstätten erhöhen.“
Obwohl die Studie nur Indien und China betrachtet hat, könnte die Luftverschmutzung durch die Batterieproduktion zu einem globalen Problem werden, weil die Nachfrage nach Elektroautos stetig zunimmt.
„Es ist wichtig, Elektrofahrzeuge aus der Perspektive globaler Lieferketten zu betrachten. Selbst wenn Indien beschließen würde, auf eine eigene Lieferkette zu verzichten und stattdessen Batterien zu importieren, würde die Verschmutzung nicht verschwinden. Sie würde nur in ein anderes Land verlagert.“
Environmental Science & Technology, doi: 10.1021/acs.est.4c02694