Robert Klatt
Derzeit stuft die Europäische Union E-Autos als emissionsfrei ein. Laut einer Studie des ifo Instituts erzeugt ein Tesla Model 3 unter Berücksichtigung der Produktion des Akkus und der Stromerzeugung jedoch mehr CO2 als ein vergleichbares Mercedes Dieselfahrzeug. Die Wissenschaftler empfehlen daher Erdgas als Zwischenlösung bis Autos mit Wasserstoff oder grünem Methan angetrieben werden können.
München (Deutschland). Elektro-Autos werden von vielen Personen als wichtiger Bestandteil zum Klimaschutz angesehen. Auch die Gesetzgebung der Europäischen Union (EU) sieht Elektroantriebe als saubere Alternative zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren und berechnet daher Elektro-Autos bei der Ermittlung der Flottenemissionen eines Herstellers mit einen CO2-Emissionswert von null ein. Laut einer Studie des ifo Schnelldienst (PDF) sieht die Realität deutlich anders aus. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung aller während der Produktion und des Betriebs aufgetretenen CO2-Emissionen ein vergleichbares Diesel-Auto in Deutschland sogar sauberer ist als ein E-Auto.
Im Zuge der Studie hat das ifo Institut als Vergleichsfahrzeuge einen Mercedes C 220d mit Dieselmotor und einen Tesla Model 3 mit Elektro-Motor genutzt. Die Wissenschaftler um den Kölner Physikprofessors Christoph Buchal haben nicht nur die CO2-Emmissionen berücksichtigt, die beim Fahren anfallen, sondern bereits bei der Gewinnung der Rohstoffe angefangen. Besonders hier sehen die Wissenschaftler große Nachteile bei Elektro-Autos.
Die Produktion eines einzigen Tesla Model 3 Akkus benötigt so viel Lithium, Kobalt und Mangan, dass bei der Förderung der Metalle 11 bis 15 Tonnen CO2 freigesetzt werden. Umgerechnet auf eine Haltbarkeit von 10 Jahren und eine jährliche Fahrleistung von 15.000 Kilometern erzeugt der Tesla Model 3 so bereits allein durch über die Produktion seines Akkus 73 bis 98 Gramm CO2 pro zurückgelegten Kilometer.
Außerdem haben die Wissenschaftler die CO2-Emmission eingerechnet, die Aufgrund der Stromproduktion entstehen. In Deutschland wird derzeit noch 52,6 Prozent des Strombedarfs über fossile Energiequellen gedeckt, regenerative Energiequellen haben einen Anteil von 35,6 Prozent und Atomenergie trägt mit 11,8 Prozent zur Stromversorgung bei. Insgesamt erzeugt der Tesla Mode 3 damit in Deutschland laut der Studie je gefahrenem Kilometer 156 bis 181 Gramm CO2.
In anderen Ländern wie zum Beispiel Norwegen, in dem E-Autos bereits einen Anteil von über 50 Prozent haben, gelten diese Werte nicht. Dies liegt an der Stromproduktion, die dort zu großen Teilen über emissionsfreie Wasserkraftwerke erfolgt.
Der Mercedes C 220d benötigt im NEF-Zyklus 4,5 Liter Diesel pro 100 Kilometer. Laut Mercedes liegt der CO2-Ausstoß im Betrieb bei 117 Gramm pro Kilometer. Zusätzlich verursacht das Dieselfahrzeug laut den Wissenschaftlern pro Kilometer 25 Gramm CO2-Emissionen, die bei der Förderung, Verarbeitung und dem Transport des Treibstoffs entstehen. Die Höhe der sogenannten Well-to-Tank (Förderstelle zu Tank) Emissionen wurden aus einer Studie der Europäischen Kommission übernommen.
Insgesamt liegen die CO2-Emissionen des Mercedes Mittelklasse-Autos damit bei 141 Gramm pro Kilometer, was 11 bis 28 Prozent unter den CO2-Emissionen des Tesla Model 3 liegt.
Die Null-Emission-Einstufung von E-Autos durch die EU wird von den Wissenschaftlern als „Täuschung“ kritisiert. Auch den ab 2030 vorgeschriebenen Grenzwert von 59 Gramm pro Kilometer halten die Autoren der Studie für „ingenieurtechnisch unrealistisch.“ Bei aktuellen Verbrennungsmotoren entspricht dies einem Verbrauch von 2,6 Liter Benzin oder 2,2 Liter Diesel auf 100 Kilometer.
Stattdessen schlagen die Wissenschaftler vor auch andere Antriebsarten stärker in den Fokus zu rücken. Als ideale Übergangslösung sehen sie Verbrennungsmotoren mit Erdgas, die bereits beim aktuellen Stand der Technik etwa 30 Prozent weniger CO2 emittieren als Diesel- und Benzin-Fahrzeuge. Als finale Lösung der Mobilitätsfrage kommt laut der Studie entweder Wasserstoff oder „grünes Methan“ in Frage, wenn dieses aus CO2-freien Energiequellen gewonnen werden kann.
Professor Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des ifo ifo Instituts für Wirtschaftsforschung appelliert daher an die Bundesregierung „technologieoffen zu denken und auch Wasserstoff- und Methantechnologie zu fördern.“