Robert Klatt
Der zunehmende Flugverkehr sorgt dafür, dass sich bis 2050 die von Kondensstreifen verursachte Strahlungswirkung verdreifachen wird. Die Auswirkungen auf den Klimawandel sind laut der Studie überraschenderweise gering, dieses Ergebnis ist aber unter Wissenschaftlern umstritten.
Köln (Deutschland). Der zunehmende Luftverkehr beeinflusst den Klimawandel nicht nur durch CO2-Emissionen und andere Treibhausgase, sondern auch durch die am Himmel entstehenden Kondensstreifen. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben aus diesem Grund untersucht, welche Klimaeffekte in den nächsten dreißig Jahren zu erwarten sind. Laut den Ergebnissen der im Fachmagazin Atmospheric Chemistry and Physics veröffentlichten Studie ist bis 2050 mit einer Verdreifachung der Strahlungswirkung zu rechnen.
Ursächlich dafür sind Ruß und andere Schwebstoffe, die durch das Verbrennen von Kerosin in den Flugzeugturbinen entstehen und in typischen Flughöhen von acht bis zwölf Kilometern über der Erde in die Atmosphäre abgegeben werden. Als sogenannte Kristallisationskeime sorgen diese Partikel dafür, dass sich Wassermoleküle ablagern, die Eiskristalle bilden, aus denen sich von der Erde sichtbare Eiswolken formen.
Anschließend ist es möglich, dass aus den Kondensstreifen Cirruswolken, das sind weißliche fein strukturierte Schleierwolken, entstehen. Cirruswolken beeinflussen die Strahlungsbilanz des Planeten, da sie Wärme, die vom Boden aufsteigt wieder noch unter reflektieren und so zum Klimawandel beziehungsweise zur Erderwärmung beitragen.
Um die zukünftigen Auswirkungen von Cirruswolken abschätzen zu können, haben die Wissenschaftler die Entwicklung des Flugaufkommens untersucht. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass alle 15 Jahre eine Verdoppelung auftritt. Dies bedeutet, dass der Flugverkehr sich von 2006 bis 2050 vervierfachen wird. Anhand eines globalen Atmosphärenmodells, das einmal die Auswirkungen der Kondensstreifen bei einer mäßigen Erwärmung der Erde und einmal bei einer drastischen Erwärmung der Erde simulierte, ermittelten die Forscher die Folgen für die Strahlungsbilanz und der daraus resultierenden Temperaturveränderungen am Boden.
Die Analyse ergab, dass die prognostizierte Vervierfachung des Flugaufkommens eine Verdreifachung des durch Cirruswolken ausgelösten Strahlungsantriebs auslösen würde, der von aktuell 49 mW pro Quadratmeter bis 2050 auf 159 mW pro Quadratmeter ansteigen würde. Die Verteilung ist dabei nicht gleichmäßig, sondern konzentriert sich vor allen auf Nordamerika und Europa, da in den dortigen Lufträumen die höchste Verkehrsdichte herrscht.
Da aufgrund des technischen Fortschritts die durchschnittliche Flughöhe in den kommenden Jahren ebenfalls ansteigen wird, ist es wichtig nicht nur die Zunahme des Luftverkehrs isoliert zu betrachten. Größere Höhen sorgen dafür, dass der Luftwiderstand und damit auch der Treibstoffverbrauch abnimmt.
Die steigenden Flughöhen sorgen dafür, dass in gemäßigten Breiten relativ gesehen weniger Kondensstreifen entstehen, da die geringe Luftfeuchtigkeit zur Bildung nicht ausreicht. Die Prognose geht daher in Europa von einer Reduzierung des Strahlungsantriebs um 48 Prozent bis 2050 aus. In Gegenden mit höherer Luftfeuchtigkeit, in denen bei der aktuellen Flughöhe aufgrund der zu hohen Temperatur nahezu keine Eiswolken entstehen, würde ein Anstieg der Flughöhe hingegen die Bildung von Cirruswolken begünstigen. Ein Anstieg von Kondensstreifen und der daraus resultierenden Klimaeffekte ist deshalb vor allem über Asien zu erwarten.
Insgesamt gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Effekte in den einzelnen Regionen sich gegenseitig nahezu kompensieren und somit kaum Einfluss auf den globalen Klimawandel haben.
Einigkeit darüber, wie die zweifelsohne durch den Flugverkehr steigende Strahlungsbilanz sich auf den Klimawandel auswirken wird gibt es in der Wissenschaft allerdings nicht. Dies liegt daran, dass die Kondensstreifen zwar dafür sorgen, dass die obere Atmosphäre sich aufheizt und dort mehr Wolken entstehen, die die von der Erde aufsteigende Wärme zurück reflektieren, parallel die Wolken aber auch die Sonneneinstrahlung teilweise abfiltern und so eine Erwärmung verhindern. Welche dieser Effekte größer ist, gilt bisher noch nicht als eindeutig belegt.
Eine Gegenmaßnahme, die die Strahlungswirkung der Kondensstreifen zumindest reduzieren könnte, wären technische Innovationen, die den Treibstoffverbrauch der Flugzeuge reduzieren und somit die Feinstaub-Emission verringern. Eine Halbierung des freigesetzten Partikel würde immerhin dazu führen, dass 2050 eine um 14 Prozent geringere Strahlungswirkung auftritt.