Robert Klatt
Eine Einschränkungen des Energieverbrauchs ist im Kampf gegen den Klimawandel unvermeidlich. Die stärkeren Energieverbraucher sind überwiegend wohlhabende Haushalte, also auch nahezu alle Deutsche. Reduzieren diese ihren Energieverbrauch, kompensiert das den Mehrverbrauch der ärmeren Haushalte.
Leeds (England). Maßnahmen gegen den Klimawandel werden vermehrt zu einem sozialen Problem, weil einkommensschwache Haushalte sich diese oft nicht leisten können. Forscher des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) haben deshalb kürzlich ermittelt, ob und wie eine CO₂-Steuer Haushalte mit geringen Einkommen entlasten und wohlhabende Haushalte stärker belasten kann.
Nun haben Forscher der University of Leeds um Milena Büchs untersucht, wie die Kosten der Klimaschutzmaßnahmen gerecht unter den verschiedenen Einkommensgruppen verteilt werden können. Die Studie hat sich laut der Publikation im Fachmagazin Nature Energy auf Europa beschränkt.
Das Projekt fokussierte sich insbesondere auf die Reduzierung des Energiekonsums. Es ist unvermeidlich, darauf hinzuarbeiten, betont die Wissenschaftlerin. Zur Untersuchung potenzieller Wege zur Senkung des Energiebedarfs wurden Daten von über 275.000 europäischen Haushalten aus 27 Ländern analysiert. Die Datenbasis stammte aus der Haushaltsbudgeterhebung der Europäischen Union (EU) des Jahres 2015 und aus der Exiobase-Datenbank der Europäischen Umweltagentur.
„Die Realität sieht so aus, dass die Dekarbonisierung auf der Angebotsseite, das heißt bei der Energieerzeugung und -verteilung, nicht ausreichen wird, um die erforderlichen Emissionssenkungen zu erreichen. Die Energienachfrage muss also gesenkt werden. Das ist die unausweichliche Realität.“
Die Auswertung dieser Daten zeigte, dass die energiereichsten 20 Prozent der EU-Bevölkerung jährlich durchschnittlich rund 200 Gigajoule pro Person verbrauchen. Auch eine Studie von Oxfam zeigte kürzlich, dass wohlhabende Menschen, also auch fast alle Deutschen, überdurchschnittlich hohe CO₂-Emissionen verursachen. Die Studie ergab, dass eine Verringerung dieses Verbrauchs auf etwa 170 Gigajoule die CO₂-Emissionen, die durch den Energieverbrauch in der EU entstehen, um etwa zehn Prozent mindern könnte.
Die Auswahl des Wertes von 170 Gigajoule ist nicht willkürlich. Dies entspricht dem Energieverbrauch von Individuen, die am unteren Rand der oberen zwanzig Prozent liegen. Ein Energieverbrauch von 170 Gigajoule wäre somit weiterhin im Rahmen des Verbrauchs anderer vermögender Personen.
In der EU leben viele Menschen in Armut und sind mangelhaft mit Energie versorgt. Eine verbesserte Energieversorgung für diese Bevölkerungsgruppe würde zu erhöhten Emissionen führen und könnte als Hindernis für den Klimaschutz gesehen werden. Die aktuelle Studie zeigt jedoch, dass dieser Konflikt nur begrenzt bestünde. Das Erfüllen grundlegender Energiebedürfnisse, wie Heizung, würde die vorgenannten Energieeinsparungen nur 1,4 Prozent mindern.
Insgesamt war zu beobachten, dass Personen mit höherem Bildungsniveau und größerem Einkommen tendenziell zu den stärkeren Energieverbrauchern zählten. Personen, die in größeren Familien, mit Kindern, älteren Menschen oder in städtischen Gebieten lebten, verbrauchten tendenziell weniger Energie. Die festgestellten Muster in allen untersuchten EU-Ländern ähnlich.
Nature Energy, doi: 10.1038/s41560-023-01283-y