Robert Klatt
Extreme Wetterphänomene sind auf der Erde immer häufiger, weil die hohe CO₂-Konzentration in der Erdatmosphäre einen Energieüberschuss im Erdsystem verursacht.
Graz (Schweiz). Die Erdatmosphäre hat laut Daten der American Meteorological Society (AMS) die höchste CO₂-Konzentration seit einer Million Jahre. Die Zunahme von Treibhausgasen führt zu einer fortschreitenden Erderwärmung, welche sich nicht allein auf die Erdoberfläche beschränkt, sondern auch die Weltmeere und die Atmosphäre betrifft.
Laut einer Studie, die von einer Forschungsgruppe um den Geophysiker Gottfried Kirchengast an der Universität Graz durchgeführt und im Fachmagazin Earth System Science Data veröffentlicht wurde, ist der Temperaturanstieg seit dem Jahr 2000 viermal höher als in den vier vorangegangenen Jahrzehnten. In der Nordhalbkugel, außerhalb der tropischen Regionen, konnte sogar ein etwa sechsfacher Anstieg verzeichnet werden. Dies führt zu einer verstärkten Intensität von Wetter- und Klimaextremen.
Eine derart starke Wärmezunahme in so kurzer Zeit ist rein durch natürliche Schwankungen nicht erklärbar.
Der Hauptursprung dieser Entwicklung liegt in den anthropogenen Treibhausgasemissionen. Eine erhöhte Konzentration dieser Gase in der Atmosphäre bewirkt ein energetisches Ungleichgewicht zwischen der auf der Erde ankommenden Sonnenstrahlung und der zurückgestrahlten Energie, welche infolge des Anstiegs der Treibhausgase abgeschwächt wird. Dies belegt auch eine Studie des New Jersey Institute of Technology (NJIT), laut der die Erde weniger Sonnenlicht reflektiert.
Das energetische Ungleichgewicht führt laut Kirchengast auf der Erde zu einem signifikanten Energieüberschuss.
Dadurch verbleibt Jahr für Jahr ein riesiger Energieüberschuss von rund 13 Billionen Gigajoule im Erdsystem, mehr als das Zwanzigfache des Weltenergieverbrauchs. Das treibt die globale Erwärmung unausweichlich voran. Nur eine Emissionsreduktion auf null kann diesen Prozess stoppen.
Die nun publizierte Studie bietet eine umfassende Darstellung des Energiehaushalts unseres Planeten. Sie verdeutlichen, in welchem Ausmaß sich seit den 1960er-Jahren überschüssige Energie in den Ozeanen, auf den Landmassen und in der Atmosphäre der Erde anreichert. Laut diesen Daten speichern die Ozeane etwa 89 Prozent der überschüssigen Energie, während fünf Prozent auf das Land entfallen. Vier Prozent dieser Energie beschleunigen das Abschmelzen der Eismassen, und etwa zwei Prozent verbleiben in der Atmosphäre.
Zwar nimmt die Atmosphäre – vor allem dank der Pufferspeicherung der Meere – nur die kleinste absolute Wärmemenge auf. Relativ betrachtet sind ihre Veränderungen aber am stärksten und am unmittelbarsten für uns spürbar, etwa durch stärkere Wetter- und Klimaextreme. Die Wärmezunahme in der Lufthülle ist ein fundamentaler Zeiger des Klimawandels.
Die Forschergruppe schlägt vor, eine wiederkehrende Wärmebilanzierung in die globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake) des Pariser Klimaabkommens zu integrieren. Diese Bestandsaufnahme wird in diesem Jahr erstmals durchgeführt. Ziel ist es, die erreichten Fortschritte in Bezug auf die vereinbarten Klimaziele zu evaluieren und somit eine kontinuierliche Überwachung der klimatischen Entwicklungen zu gewährleisten.
Earth System Science Data, doi: 10.5194/essd-15-1675-2023