Robert Klatt
Zwischen Erkrankungen und Todesfällen und Schadstoffen in der Luft gibt es einen fast linearen Zusammenhang. Auch Feinstaub und Stickoxide unterhalb der EU-Grenzwerte erhöhen demnach die Mortalität.
Ulm (Deutschland). In Europa sterben jährlich etwa 800.000 Menschen an den direkten und indirekten Folgen der Luftverschmutzung durch Feinstaub und Stickoxide, global sind es etwa 4,5 Millionen Menschen. Zu den Folgen einer hohen Belastung gehören Schäden an den Mitochondrien der Herzzellen, COPD und Lungenkrebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Asthma bei Kindern.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat deshalb Grenzwerte von 10 Mikrogramm/Kubikmeter (μg/m3) Feinstaub unterhalb von 2,5 Mikrometer Partikelgröße (PM2.5) sowie von 40 μg/m3 Stickoxide festgelegt, um die gesundheitlichen Folgen einzudämmen. In der Europäischen Union (EU) liegen die Grenzwerte bei 25 μg/m3 Feinstaub und ebenfalls 40 μg/m3 Stickoxide.
In den letzten Jahren gab es jedoch vermehrt Hinweise darauf, dass auch eine Langzeitbelastung deutlich unterhalb dieser Grenzwerte die Gesundheit schädigen kann und tödliche Krankheiten begünstigt. Beweise konnte die Wissenschaft für diese These aber noch nicht erbringen.
„Die meisten Studien zum Zusammenhang zwischen Feinstaub- und Stickoxidbelastung und erhöhter Sterblichkeit fanden in Städten mit relativ hohen Schadstoffkonzentrationen statt. Deshalb gab es bislang keine aussagekräftigen Erhebungen bei Personen, die nur niedrigen Konzentrationen ausgesetzt waren“, erklärt Gudrun Weinmayr von der Universität Ulm.
Ein internationales Team mit Beteiligung der Universität Ulm hat deshalb unter Leitung von Gerard Hoek von der Universität Utrecht die bisher größte Langzeitstudie zu den Folgen der Luftverschmutzung durchgeführt. Laut der im Fachmagazin BMJ publizierten Studie analysierte das Team dazu Gesundheits- und Lebensstildaten von mehr als 325.000 Menschen. Wie hoch deren jeweilige Belastung mit Feinstaub und Stickoxiden war, ermittelten sie anhand von Umweltdaten der Wohnorte der Probanden. Ein Großteil davon lebte in eher kleinen Orten und auf dem Land, also in Regionen mit relativ geringer Luftverschmutzung.
Wie die Analyse zeigt, nehmen Luftverschmutzung mit steigender Luftverschmutzung fast linear zu, auch wenn die Belastung unterhalb der Grenzwerte der EU liegt. Besonders deutlich sieht man dies anhand von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenerkrankungen und Diabetes.
Konkret steigt die Mortalität pro Erhöhung der Feinstaubwerte um fünf Mikrogramm pro Kubikmeter um 13 Prozent. „Die Assoziationen blieben auch dann positiv und statistisch signifikant, wenn wir alle Feinstaubwerte oberhalb der US-Grenzwerte von 12 μg/m3 wegließen“, erklärt Hoek. Ähnliche Ergebnisse zeigt die Studie auch für Stickoxide.
BMJ, doi: 10.1136/bmj.n1904