Robert Klatt
Fracking erhöht die partikuläre Radioaktivität in der Umwelt deutlich. Dies könnte bei Anwohner langfristig Krebs und andere Gesundheitsschäden auslösen.
Boston (U.S.A.). Hydraulic Fracturing (Fracking) wird seit einigen Jahren vor allen in den U.S.A. eingesetzt, um auch unkonventioneller Erdgas- und Erdölvorkommen abbauen zu können. Umweltschutzorganisationen und Anwohner kritisieren Fracking jedoch häufig, weil aus Lecks in Leitungen und Tanks gesundheitsschädliche Gase austreten und weil im Spülwasser giftige Chemikalien eingesetzt werden, die auch das Grundwasser kontaminieren können.
Ein Team der Harvard T.H Chan School of Public Health in Boston um Longxiang Li hat laut einer Publikation im Fachmagazin Nature Communications nun „erhöhte Werte von Uran-238 und Radium-226 in den Wasserbecken, den Bohrresten, den hochgeförderten Sedimenten und in Gewässern nahe von Fracking-Anlagen nachgewiesen.“ Die Wissenschaft wusste zwar bereits zuvor, dass in den gas- und ölreichen Gesteinsschichten radioaktive Elemente wie Uran-238 und Radon in hoher Konzentration vorkommen, unklar war aber, wie viele radioaktive Schwebteilchen beim Fracking freigesetzt werden.
Freigesetztes Radon zerfällt zunächst zu kurzlebigen Zwischenprodukten, die mit weiteren Gasen und Wassertröpfchen in der Luft reagieren. Dabei entstehen radioaktive Schwebeteilchen. Laut Li „bilden sie ultrafeine Cluster und lagern sich an Feinstaubpartikel der Luft an.“ Anschließend zerfallen sie in die langlebigen Radionuklide Blei-210 und Polonium-210, die bei der partikulären Radioaktivität ebenfalls den Hauptanteil haben.
Beim Einatmen können diese Luftpartikel sich in den Bronchien anreichern und dort Alpha- (geladene Heliumkerne) und Betastrahlung (Elektronen) abgeben. Dadurch entstehen kurzfristig Entzündungen, bei einer lang anhaltender Belastung kann sich aber auch Krebs bilden.
Um zu ermitteln, wie stark Fracking-Anlagen die partikuläre Radioaktivität beeinflussen, haben die Wissenschaftler Daten von 157 Stationen des RadNet-Messnetzes analysiert. Sie untersuchten dabei, ob die Radioaktivität im Umkreis von 20 und 50 Kilometern um eine Fracking-Anlage sich vom landesweiten Durchschnitt unterscheidet.
Laut Li zeigen die Ergebnisse, dass „es einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der partikulären Radioaktivität und der in Windrichtung liegenden unkonventionellen Förderaktivität gibt.“ Die Anzahl der Fracking-Pumpen hat einen unmittelbaren Einfluss auf die radioaktive Belastung der Luft. Li erklärt, dass „die Präsenz von 100 zusätzlichen Fracking-Pumpen innerhalb von 20 Kilometern auf der Windseite ist mit einem Anstieg der partikulären Radioaktivität um 0,024 Millibecquerel pro Kubikmeter Luft verknüpft ist.“
Die Wissenschaftler konstatieren, dass „die Ergebnisse einen signifikanten Einfluss von unkonventioneller Erdöl- und Erdgasförderung auf die partikuläre Radioaktivität der Luft zeigen.“ Die Werte sind zwar relativ gering, könnten aber trotzdem für eine Anreicherung radioaktiver Partikel in den Atemwegen von Anwohnern ausreichen und dort womöglich langfristig Gesundheitsschäden auslösen.
Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-020-18226-w