Wahlergebnisse & Wetterdaten

Grüne Parteien profitieren vom Klimawandel

Robert Klatt

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Eine neue Studie hat erstmals Wetterdaten und Wahlergebnisse verknüpft. Extrem hohe Temperaturen führen demnach dazu, dass grüne Parteien mehr Stimmen erhalten.

Laxenburg (Österreich). Laut einer Studie des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) haben die grünen Parteien durch den Klimawandel zusätzliche Stimmen gewonnen. Wie Roman Hoffmann von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erklärt, liegt dies am höheren Umweltbewusst der Bevölkerung der Europäischen Union (EU).

In der Eurobarometer-Umfrage 2002 waren noch weniger als fünf Prozent der Teilnehmer der Ansicht, dass Umweltfragen in ihrer jeweiligen Landespolitik Priorität haben sollten. Dieser Anteil hat sich bis 2019 verdreifacht. Der Anteil der Sitze, die grüne Parteien im Europaparlament haben, hat ebenfalls von 2004 (5,7 %) bis 2019 (9,9 %) stark zugenommen. In der Wissenschaft hat angenommen, dass vor allem der Klimawandel und Extremwetterereignisse diese Wähler zu dieser Entscheidung gebracht haben. Ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang zwischen persönlichen Erfahrungen mit dem Klimawandel und der Wahlentscheidung besteht, konnte jedoch nicht belegt werden.

Wetterdaten und Wahlverhalten verknüpft

Die Wissenschaftler um Hoffmann haben laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Climate Change deshalb erstmals Wetterdaten zu Temperatur und Dürre mit dem Wahlverhalten und Daten zur Umwelteinstellung verknüpft. Sie analysierten dazu 42 Eurobarometer-Umfragen zwischen 2002 und 2019 für 34 europäische Länder sowie die Ergebnisse von sechs Europawahlen von 1994 bis 2019 aus 28 Ländern.

Höherer Stimmenanteil bei steigenden Temperaturen

In ihrer Studie schreiben die Forscher, dass „signifikante und erhebliche Auswirkung von Temperaturanomalien, Hitze- und Trockenperioden auf das Umweltbewusstsein und die Stimmabgabe für grüne Parteien“ bestehen. Extremwettereignisse mit unmittelbaren Auswirkungen auf das eigene Leben führen demnach dazu, dass „mehr Menschen grüne Parteien wählen“.

Wie die Daten zeigen, ist dieser Zusammenhang stark. „Wenn jeder Monat eines Jahres einen zusätzlichen ungewöhnlich warmen Tag hat, dann schätzen wir auf Basis der historischen Daten über das gesamte Mittel von Europa, dass bei Wahlen zum Europaparlament die Zustimmung zu grünen Parteien um 0,8 Prozentpunkte steigt“, so Hoffmann. Die starken Temperaturanomalien in den letzten Jahren könnte demnach dazu führen, dass die grünen Parteien in den kommenden Wahlen deutlich mehr Stimmen erhalten.

Regionale Unterschiede

Die Angst vor dem Klimawandel und anderen Umweltproblemen unterscheidet sich innerhalb der EU jedoch stark. Besonders in West- und Nordeuropa ist in den letzten Jahren das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung stark gestiegen. In Süd- und Osteuropa waren die Veränderungen hingegen nur gering.

Dies zeigt sich auch im Wahlverhalten. Wetterextreme beeinflussen demnach in südeuropäischen Regionen die Entscheidung der Wähler weniger stark als in Ländern mit einem moderaten Klima wie Deutschland. Laut den Wissenschaftlern ist dafür wahrscheinlich die bessere Anpassung der Menschen an die Temperaturen in diesen Regionen verantwortlich.

Nature Climate Change, doi: 10.1038/s41558-021-01263-8

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