CO₂-Emissionen

Heizen, Kochen und Co. – Ist Strom oder Erdgas klimafreundlicher?

Robert Klatt

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Ein neues Berechnungsmodell zeigt, wann das Heizen und Kochen mit Strom und wann mit Erdgas klimafreundlicher ist. Die Studie hat auch die Situation in Deutschland untersucht.

München (Deutschland). Erdöl und Kohle verursachen beim Verbrennen deutlich mehr klimaschädliche Emissionen als Erdgas. Ob Erdgas tatsächlich klimafreundlicher ist, hängt aber noch von weiteren Faktoren ab, darunter etwa Lecks im Gasnetz. Die Klimawirkung beim Strom ist primär vom Energiemix abhängig. Strom aus Kohlekraftwerken ist besonders klimaschädlich, während grüner Strom klimaneutral ist.

Forscher der Technischen Universität München (TUM) um Dr. Florian Dietrich, Wissenschaftler im Bereich für Umweltsensorik und Modellierung haben nun in 25 Ländern untersucht, ob das Kochen und Heizen per Erdgas oder Strom klimafreundlicher sind.

„Wir wollten wissen, ob es – auch unter Berücksichtigung der Gasleckagen – klimafreundlicher ist, Gas für das Heizen und Kochen zu nutzen oder Elektrizität.“

25 Länder mit hohem Gasverbrauch

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Earth’s Future gehören die ausgewählten Ländern zu den global größten Gasverbrauchern. Erneuerbare Energien haben bei den Ländern am Energiemix der Stromproduktion einen Mindestanteil von zehn Prozent.

„Denn wir wollten primär untersuchen, wie und ab wann ein zunehmender Anteil an erneuerbaren Energien die Nutzung von Strom klimafreundlicher macht als Erdgas.“

Zu den untersuchten Ländern gehört unter anderem Deutschland. Die meisten Länder aus dem Nahen und Mittleren Osten wurden hingegen nicht in die Studie einbezogen, weil dort nahezu kein grüner Strom produziert wird.

„Diese 25 Länder sind zusammen für 75 Prozent des weltweiten Erdgasverbrauchs verantwortlich.“

Um die Klimawirkung der Erdgas- und Stromnutzung in den jeweiligen Ländern zu untersuchen, verwendeten die Forscher lokale Daten, darunter der Methanverlust durch Lecks und der Strommix. Sie konnten so einen Emissionsfaktor für das Kochen und Heizen per Strom und Erdgas ermitteln.

Leckagen beeinflussen Emissionsfaktor stark

Laut Jia Chen ist der Klimavorteil von Erdgas gegenüber Strom deutlich kleiner, wenn man die Leckagen einbezieht. Je nach Land machen Gasleckagen zwischen 0,2 und 5 Prozent des Gesamtverbrauchs aus.

„Durch die Einbeziehung der Leckagen und unvollständigen Verbrennungen wird insgesamt ein geringerer Anteil an erneuerbaren Energiequellen im Strommix benötigt als bisher angenommen.“

Das Team hat festgestellt, dass in fünf Nationen die Elektrizität bereits einen Vorsprung hat. Der Emissionsfaktor für Strom lag in diesen Ländern bereits im Jahr 2019 unter dem von Erdgas. Kanada und Brasilien sind typische Beispiele dafür, wo ein signifikanter Anteil des Strommixes durch Wasserkraft und andere Formen von erneuerbarer Energie bereitgestellt wird. In Ländern wie Frankreich und Belgien hingegen trägt die Atomenergie zu einer günstigeren Klimabilanz bei, wenn es um elektrisches Kochen und Heizen geht.

Klimabilanz von Strom und Erdgas in Deutschland

Im Gegensatz dazu zählt Deutschland zu einer weiteren Kategorie von zwölf Staaten, in denen die CO₂-Bilanz von Gas und Elektrizität sich zumindest erheblich aneinander angepasst haben.

„Dies liegt teilweise an einer Zunahme erneuerbarer Energien im Strommix wie bei Großbritannien oder Deutschland oder am Übergang von Kohlestrom zu Strom aus Erdgas wie in den USA.“

In Deutschland müsste der Anteil der aus Solar- und Windenergie erzeugten Elektrizität um etwa zehn bis 15 Prozent anwachsen, um das Kochen und Heizen mittels Strom als umweltfreundlicher gegenüber der Gasnutzung zu etablieren. Allerdings könnte die Verfügbarkeit von Elektrizität, einschließlich finanzieller Aspekte, eine Barriere darstellen. Länder wie Italien, die USA, Russland, die Türkei oder die Niederlande bieten zurzeit keinen deutlichen Vorteil für die Nutzung von Elektrizität gegenüber Gas. Dieses Bild könnte sich allerdings verschieben, wenn der Anteil an grünem Strom zunimmt.

Strommix mit hohem Kohleanteil

In den übrigen acht Ländern, einschließlich Indien, China, Polen und Australien, hat Erdgas deutlich den Vorteil als umweltfreundlichere Energiequelle für Koch- und Heizzwecke. In diesen Regionen wird der Großteil des Stroms immer noch aus Kohle erzeugt. Deshalb bleibt die Elektrizität dort sogar dann schmutziger als Erdgas, wenn man Gaslecks im Netzwerk berücksichtigt.

„Für die Länder in dieser dritten Gruppe könnte die Erdgasnutzung selbst in fernerer Zukunft noch klimafreundlicher bleiben als die Nutzung von Strom. Diese Länder könnten große Mengen an CO₂-Emissionen einsparen, wenn sie Erdgas statt Kohle als Energiequelle für Endverbraucher nutzen würden.“

Earth’s Future, doi: 10.1029/2022EF002877

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