Robert Klatt
Deutschland soll laut den Klimazielen der Bundesregierung bis 2045 Klimaneutralität erreichen. Entscheidend dazu beitragen soll das kommende Heizungsverbot.
Berlin (Deutschland). Die CO₂-Konzentration in der Erdatmosphäre nimmt kontinuierlich zu und hat kürzlich den höchsten Stand seit einer Million Jahren erreicht. Um den dadurch verursachten anthropogen Klimawandel zu verlangsamen, hat die Bundesregierung im Mai 2021 eine Novelle des Klimaschutzgesetzes (KSG) vorgelegt, die vom Bundestag im Juni 2021 beschlossen wurde und im August 2021 in Kraft getreten ist.
Das neue KSG sieht vor, dass Deutschland seinen Treibhausgasausstoß deutlich reduziert. Gegenüber 1990 sollen die CO₂-Emissionen bis 2030 um 65 Prozent und bis 2040 um 88 Prozent sinken. Das Klimaziel sieht vor, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral ist, also ein Gleichgewicht zwischen Emissionen und deren Abbau besteht. 2050 sollen negative Emissionen erreicht werden, indem mehr Treibhausgase gebunden als emittiert werden.
Die Umsetzung der Klimaziele wird kontinuierlich überwacht. Ab 2022 legt der Expertenrat für Klimafragen alle zwei Jahre ein Gutachten über bisherige Erfolge, Maßnahmen und Trends vor. Bei Nichteinhaltung der Budgets wird seitens der Bundesregierung sofort nachgesteuert. Aktuell entwickelt die Bundesregierung ein umfassendes Klimaschutz-Sofortprogramm, um sicherzustellen, dass Deutschland auf dem richtigen Weg ist, die Klimaschutzziele für 2030 zu erreichen. Dies hat Auswirkungen auf die einzelnen Sektoren bis 2030, wie Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäudebereich sowie Landwirtschaft und beinhaltet unter anderem das kürzlich beschlossene Heizungsverbot.
Laut Daten des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) entfällt rund ein Fünftel (18 %) der gesamten CO₂-Emissionen des Landes auf das Beheizen und Kühlen von Gebäuden sowie die Warmwasserbereitstellung. Inklusive der Emissionen aus der Erzeugung von Fernwärme und Strom für Heizzwecke sind dies jährlich mehr als 150 Millionen Tonnen CO₂. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, war deshalb bereits 2021 der Ansicht, dass in diesem Bereich große Einsparungen nötig sind.
„Um die Klimaziele zu erreichen, bedarf es hier noch gewaltiger Einsparungen. Das wollen und müssen wir angehen. Die Wärmewende ist eine der zentralen Aufgaben der kommenden Jahre. Sie lässt sich aber bewältigen, wenn wir vorhandene Infrastrukturen und Energieträger mitdenken und weiterentwickeln: Wir brauchen den Erneuerbaren-Ausbau, um effiziente Wärmepumpen mit grünem Strom zu betreiben. Wir brauchen klimaneutrale Gase, um damit nach und nach den Gasmarkt zu dekarbonisieren. Und wir brauchen den Ausbau der grünen Fernwärme. So können wir schnell, ressourcenschonend und bezahlbar große Potenziale für den Klimaschutz heben und auch künftig eine sichere Wärmeversorgung gewährleisten.
Im Mittelpunkt sollte dabei immer das ‚Gesamtsystem Haus‘ stehen. Denn welche Technologien und Maßnahmen am besten geeignet sind, um schnell CO₂-Emissionen zu senken und gleichzeitig die Kosten nicht aus dem Ruder laufen zu lassen, ist von Haus zu Haus unterschiedlich. Es gilt, für jedes Gebäude die individuell beste Lösung zu finden. Die Wärmewende ist eine umweltpolitische wie auch volkswirtschaftliche und ebenso soziale Aufgabe.“
Betrachtet man lediglich die CO₂-Emissionen der privaten Haushalte, entfällt auf Heizungen laut Daten des Umweltbundesamts (UBA) sogar mehr als die Hälfte (59 %). Die einzelnen Heizungstypen unterscheiden sich dabei stark.
Energieträger | CO₂-Emissionen in g/kWh |
---|---|
Braunkohle | ca. 400 |
Heizöl | ca. 300 |
Erdgas | ca. 250 |
Fernwärme | ca. 200 |
Wärmepumpe mit Standardstrom | ca. 200 |
Biogas | ca. 150 |
Pellets | ca. 30 |
Wärmepumpe mit Strom aus erneuerbaren Energien (EE) | 0 |
Es ist zu berücksichtigen, dass die in der Tabelle dargestellten Werte Durchschnittsangaben sind, welche in der Realität abweichen können, abhängig von Effizienz und Nutzung der Heizsysteme. Vielfältige Hybridheizungen nutzen mehrere Energiequellen und weisen dadurch unterschiedliche CO₂-Emissionen auf. Die Kombination aus fossilen und erneuerbaren Energien reduziert beträchtlich die Treibhausgasemissionen beim Heizen.
Überdies existieren neben CO₂ weitere Emissionen, die ebenso bedeutende Umweltbelastungen darstellen. Beispielsweise zeigen Holz- und Pelletheizungen eine relativ positive CO₂-Bilanz, jedoch emittieren sie vermehrt Feinstaub. Daher ist es essenziell, Feinstaubfilter bei älteren Holz- und Pelletheizungen zu installieren, um die Umweltbelastung zu verringern.
Um die CO₂-Emissionen des Gebäudesektors zu reduzieren, haben Bündnis 90/Die Grünen, die Freie Demokratische Partei (FDP) und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) bereits in den Koalitionsverhandlungen über das Verbot bestimmter Heizungstypen diskutiert. Inzwischen hat sich die Ampel-Koalition auf eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) geeignet. Dabei konnte sich vor allem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) durchsetzen.
Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes und zur Änderung der Heizkostenverordnung sowie zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) befindet sich aktuell in der Länder- und Verbändeanhörung. Es ist geplant, dass das Bundeskabinett den Gesetzentwurf noch im April 2023 beschließt. Anschließend müssten sich noch der Bundestag und Bundesrat der Gesetzesnovelle befassen.
Die Gesetznovelle des GEG verfolgt drei Hauptzwecke:
Das neue GEG verpflichtet Immobilieneigentümer zu umfassenden Modernisierungsmaßnahmen und beinhaltet unterschiedliche Verbote, Ausnahme und Sonderregelungen.
Eine Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv zeigt, dass ein Großteil der Bevölkerung (78 %) die Gesetzesnovelle ablehnt. Lediglich 18 Prozent sind überzeugt, dass die Entscheidung der Regierung richtig ist. Lediglich eine Mehrheit der Grünen-Anhänger (53 %) befürwortet das Gesetz. Hingegen sprechen sich drei Viertel der SPD- und FDP-Anhänger dagegen aus. Unter den Unionsanhängern lehnen 88 Prozent ein Verbot fossiler Heizungen ab, während bei den AfD-Wählern sogar 98 Prozent gegen das Verbot sind. Des Weiteren zeigt sich eine bemerkenswerte Ost-West-Differenz: 91 Prozent der Bevölkerung in den neuen Bundesländern positionieren sich gegen das Verbot, verglichen mit 75 Prozent im Westen.
Die ablehnende Haltung gegenüber dem Verbot fossiler Heizungen scheint maßgeblich von der Befürchtung steigender Heizkosten beeinflusst zu sein. 62 Prozent der Befragten, einschließlich 79 Prozent der Ostdeutschen, prognostizieren „eher steigende“ Preise bei Nutzung erneuerbarer Energien für Heizzwecke. Lediglich 12 Prozent rechnen mit sinkenden Preisen, während 23 Prozent der Befragten keine Preisänderungen erwarten. Diese Einschätzungen sind über alle Einkommensklassen hinweg vergleichbar. Befragte mit einem Nettohaushaltseinkommen unter 2500 Euro vermuten zu 65 Prozent steigende Preise, während Personen mit einem Einkommen über 4000 Euro dies nur zu 59 Prozent annehmen.
Befürworter des Verbots fossiler Heizungen weisen darauf hin, dass Gas- und Ölpreise voraussichtlich steigen werden, da sie durch den CO₂-Preis sukzessive aus dem Markt verdrängt werden sollen. Daraus ergibt sich die Annahme, dass Strompreise mittel- und langfristig sinken würden. Gleichzeitig ist jedoch ein signifikant wachsender Strombedarf zu erwarten, wenn Industrie, Pkw-Verkehr und Wärmeversorgung in den kommenden Jahren vermehrt auf erneuerbare Energiequellen zurückgreifen sollen.